UNO maßregelt Bundesregierung zu Katalonien-Referendum

Genf / Berlin / Barcelona | analogo.de – Die UNO steht im erklärten Konflikt mit der Haltung der Bundesregierung zum morgigen Referendum in Katalonien. Hatte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vorgestern eindeutige Position zu den Menschenrechtsverletzungen in Katalonien bezogen, wollte analogo.de von der Bundesregierung nun wissen, wie man die Menschenrechtsverletzungen aus deutscher Sicht beurteile. Nach Maßgabe und Regelsetzung der UNO ist die Antwort der Bundesregierung schockierend. Wie Regierungssprecher Johannes Pepping gegenüber analogo.de mitteilte, wolle die Regierung Angela Merkels lediglich, dass die „Rechtsstaatlichkeit“ in Spanien eingehalten werde, was so viel bedeutet, dass für die Bundesregierung grundlegendes Menschen- und Völkerrecht weniger bedeutet als die potentiell menschenrechtswidrige spanische Verfassung. Mit anderen Worten bekräftigte Pepping gegenüber analogo.de, dass die Bundesregierung zur Unterdrückung des Volkswillens der Katalonier steht.

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Gemäß den Bestimmungen zum Völkerrecht kann jedes Volk als Souverän über seine Belange entscheiden. Dieser Grundgedanke des Föderalismus sichert auch lokalen Völkern wie den Schotten, Bayern, Norditalienern oder den Kataloniern das Recht auf Ausdruck des eigenen Volkswillens. In Deutschland sichert der Föderalismus 16 Bundesländern, dass der Volkswille der Regionen zu einem Mindestmaß erhalten bleibt.

Auf unsere Frage, ob die Bundesregierung das Völkerrecht des katalonischen Volkes in Anbetracht der aus Madrid gesteuerten Maßnahmen wie Internetsperren gewahrt sehe, wich Regierungssprecher Pepping aus. Pepping machte gegenüber analogo.de allerdings deutlich, dass sich Deutschland nicht in die innerspanischen Angelegenheiten einmischen wolle.

Weil sich die Welt zunehmend demokratisiert und damit dem Willen der Eliten entzieht, sind Referenden derzeit in Mode. Doch seit wann hält sich die Bundesregierung zurück, wenn es um Verstöße gegen die Demokratie geht? Beobachter denken an die Armenien-Resolution des Bundestages von 2016, wo alle Parteien das Verbrechen an den Armeniern zum Völkermord erklärten. Gemessen an den sonstigen Kommentaren halten sich deutsche Politiker zur Eskalation in Katalonien auffallend stark zurück. Weil es nicht um das ferne Armenien geht, sondern um die eigenen Wirtschaftsinteressen in einer von Deutschland dominierten EU, lassen deutsche Politiker demokratische Versäumnisse Spaniens unkommentiert geschehen. Auch unsere Anfragen an die FDP und die AfD blieben unbeantwortet.

analogo.de wollte nun von der Bundesregierung wissen, wie sie das für morgen anberaumte Referendum unter dem Aspekt der Referenden im Nordirak und im Vereinigten Köngreich (Brexit-Referendum im Sommer 2016) betrachtet und ob Merkel & Co. diese gleichfalls als verfassungsfeindlich ansieht. Regierungssprecherin Annekatrin Gebauer stellte gegenüber analogo.de klar, dass die Bundesregierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) dem nordirakischen Kurdenreferendum keine bindende Wirkung beimessen. Man sehe nicht, wie sich dadurch das Rechtsverhältnis zwischen Deutschland und dem Irak in irgendeiner Form ändern sollte. Man rufe dazu auf, keine Schritte zu ergreifen, weder in Richtung Unabhängigkeit noch in Richtung Zwangsmaßnahmen. Die Unterstützung der Bundesregierung für kurdisches Militär mit Waffen beweist allerdings, dass Merkel & Co. keineswegs neutral sind.

Überraschend äußerte dann Gebauer gegenüber analogo.de, dass man im Falle des britischen Brexit-Referendums die Entscheidung des britischen Volkes respektiere. Hmm, die Signale der Bundesregierung zu Referenden scheint sich also an den geschaffenen Machtverhältnissen zu orientieren. Die Machtverhältnisse in Katalonien werden gerade geklärt. Spaniens Militärpolizei steht gegen Kataloniens Regionalpolizei.

Im Falle Kataloniens hoffen die bürokratischen Kräfte einer zentralisierten EU-Macht durch Brüssel (Juncker), Berlin (Merkel) und Frankreich (Macron) auf den Gewinn der Schlacht durch Madrid (Rajoy), und demonstrieren damit, dass Bürokraten im Zweifel menschenrechtswidrige Gesetze wichtiger sind als die Freiheit der Menschen.

Gestern wurde über Barcelona der Luftraum gesperrt, damit die katalonische Regierung keine Luftbilder von hunderten Tausenden Demonstrierenden (d. h. dem Volk) schießen kann. Unter Gewaltandrohung wurde Google polizeilich gezwungen eine Kommunikations-App aus dem Google Play App-Shop zu deaktivieren, mit der man Details zum Referendum austauschen konnte. Seit zwei Wochen sperrt die diktatorische spanische Regierung alle möglichen Internetseiten für spanische Nutzer. Während deutsche oder französische Nutzer dieselbe Seite aufrufen können, ist es der Regierung Rajoy gelungen in Spanien befindlichen Personen den Internetkontakt zu sperren. Hier ein Beweisfoto von der in Barcelona lebenden Korrespondentin Krystyna Schreiber:

Gesperrte Internetseite in Barcelona - Beweisfoto
Gesperrte Internetseite in Barcelona – Beweisfoto von der in Barcelona lebenden Korrespondentin Krystyna Schreiber.

Bei der morgigen Abstimmung um die Unabhängigkeit Kataloniens geht es mitnichten nur noch um die Unabhängigkeit an sich, sondern vielmehr um die Frage, wie Staaten demagogisch werden und welche repressiven Mittel sie einsetzen, um Völkerrecht auszuhebeln und die Menschen zu unterdrücken. Der katalonische Regierungschef Carles Puigdemont betont den gewaltfreien Prozess von Seiten Kataloniens. Dennoch will die Zentralregierung Madrid nicht einmal die Wahl zulassen. Tausende Schüler, Studenten, Feuerwehrkräfte, Fischer – DAS VOLK – drücken aus, dass sie die Abstimmung unterstützen. Als die Militärpolizei Madrids mit Verhaftungen anfängt und Wahllokale besetzt, sichern Schüler die Freihaltung der Wahllokale. In einem dieser Wahllokale wurden – wie soeben bekannt wurde, mindestens drei Befürworter des Referendums von Unbekannten mit Kugeln einer Druckluftpistole an Brust, Rücken und Nacken verletzt.

Vom Vatikan bis ins Baskenland erhalten die Katalanen Unterstützung. Die Demokratie ist nicht mehr aufzuhalten, das Hinwegverwalten über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger Europas nähert sich dem Ende. Mit der vorgestrigen Aufforderung der UNO an die zentralspanischen Behörden, die fundamentalen Grundrechte von Meinungsäußerungsfreiheit, Versammlung, öffentliche Teilhabe und die Möglichkeit einer Debatte sicherzustellen, stellt sich die Weltgemeinschaft GANZ KLAR GEGEN das Demokratieverständnis der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Unabhängig von der Gesetzmäßigkeit des Referendums habe Spanien die Verantwortung diese Rechte zu respektieren. Diese Rechte seien für demokratische Gesellschaften WESENTLICH.

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