Kiel | analogo.de – Wieder einmal führt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther die Menschen hinters Licht, indem er den Rückgang der Coronafälle mit der hohen Impfquote erklärt. Vorgestern tat der CDU-Mann kund, es läge „sicher auch an der guten Impfquote“, dass die Infektionszahlen in Schleswig-Holstein weiterhin auf einem niedrigen Niveau sind. Mehr als die Hälfte (55,4 Prozent) der Menschen in Schleswig-Holstein sind einmal geimpft, 33,1 Prozent sind vollständig geimpft. Die sich selbst verstärkende Staatspropaganda des Regierungserfolges wird von der Sensationpresse wie den Kieler Nachrichten willfährig verstärkt.
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Dass die Coronazahlen in Schleswig-Holstein im Sommer 2021 rapide zurückgehen, ist keinesfalls ein Resultat der Impfkampagne, sondern ein saisonales Phänomen. Dies zeigen die Zahlen des letzten Jahres. Auch 2020 lagen die Infiziertenzahlen im Juni bei null bis maximal sechs Personen. Ungezählte Studien erklären die Dynamik von Erkrankungen durch Coronaviren mit der klimatischen Saisonalität. Die Muster sind klar, waren zum Ausbruch der Coronapandemie längst bekannt, traten folglich im Jahre 2020 ein und ebenso erwartbar in diesem Jahr.
Im mitteleuropäischen Sommer läuft das Immunsystem der Menschen auf Hochtouren. Die Menschen erfreuen sich bester Gesundheit. Mit reduzierter Lufttemperatur und bei hohen Luftfeuchtigkeiten wird der Organismus stärker beansprucht, die Zahlen beginnen zu steigen. Wie bei der jährlichen Grippepandemie in Deutschland erkranken immunschwache und vorbelastete Menschen schneller unter erschwerten Wetterbedingungen.
Trotz allem Klimawandel sind auch die Junitemperaturen Schleswig-Holsteins im Jahre 2021 wieder normal und wunderbar verträglich. Aus den erwähnten wissenschaftlichen Studien ableitend, sollte sich ergo dasselbe Genesungsmuster wieder einstellen. Was es auch tut.
Frecherweise beansprucht aber nun die Landesregierung Schleswig-Holsteins den Verdienst für das Genesungsmuster, indem sie behauptet, die niedrigen Zahlen seien das Ergebnis ihres Impfzwanges. Wer sich noch nicht um einen Impftermin bemüht habe, solle dies jetzt tun. Das sei der beste Schutz und das allerwichtigste Instrument im Kampf gegen das Virus und die Pandemie, so Daniel Günther am 23. Juni 2021.
Bedarf es an dieser Stelle noch einer Erläuterung des Begriffes Impfzwang? Selbst wenn Bundes- und Landesregierung die Bevölkerung nicht unmittelbar zu einer Impfung zwingen, beschneiden beide Regierungen aber wesentliche Freiheitsrechte all derjenigen, die sich eben nicht haben impfen lassen. Dieser mittelbare Zwang wird auch kalter Impfzwang genannt.
Und so diktiert die übergriffige Landesregierung aus CDU, Bündnis90/Die Grünen und FDP ihren Schäflein Coronamaßnahmen weiterhin metergenau ins Gesetz. Man dürfe ab 28. Juni zwar wieder ins Kino, müsse aber auf dem Weg zum Sitzplatz und auf den Kinogängen weiterhin eine Maske tragen. Erst am Sitzplatz dürfe man die Masken wieder abnehmen.
Auch ansonsten bleibt die Testpflicht bestehen, so beim Besuch einer Gaststätte im Innenbereich, im Krankenhaus, in Pflege- oder Reha-Einrichtungen. Anders in Dänemark, wo trotz höherer Inzidenzen (Stand 22.06.2021: 29,5 gegenüber 4,4 in Schleswig-Holstein) die Menschen bis auf in öffentlichen Verkehrsmitteln komplett wieder ohne Masken leben dürfen.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und sein Co-Diktator Heinrich Garg (FDP) diktieren ihren Untertanen kleinstteilig, was sie ab Montag aller Voraussicht nach dürfen und was eben weiterhin nicht:
• Die Maskenpflicht entfällt in Außenbereichen. Abstände z.B. auf Wochenmärkten und in Wartebereichen sind weiterhin einzuhalten.
• Die Maskenpflicht entfällt teilweise bei Veranstaltungen im Innenbereich mit Sitzungscharakter, z.B. im Kino oder im Theater. Auf den so genannten „Verkehrswegen“, also auf dem Weg zum Platz oder auf den Gängen, muss die Maske getragen werden, am Platz kann sie abgenommen werden.
• Die Testpflicht bleibt, beispielsweise beim Besuch einer Gaststätte im Innenbereich, im Krankenhaus, in Pflege- oder Reha-Einrichtungen. Lockerungen gibt es beim Sport im Innenbereich ab 25 Sporttreibenden (bislang zehn Personen). Beim Besuch eines Beherbergungsbetriebes ist vor der Anreise ein Test erforderlich, zusätzlich nur noch einmalig nach 72 Stunden.
• Veranstaltungen mit Gruppenaktivität und ohne feste Sitzplätze (z.B. Feste und Empfänge) dürfen unter Auflagen wieder mit bis zu 250 Personen in geschlossenen Räumen und mit bis zu 500 Personen draußen stattfinden.
• Veranstaltungen mit Marktcharakter (Flohmärkte, Messen usw.) sind unter Auflagen drinnen wieder mit bis zu 1.250 Personen möglich, draußen mit bis zu 2.500. Die Testpflicht im Innenbereich entfällt.
• Veranstaltungen mit Sitzungscharakter (z.B. Konzerte, Theater- und Kinovorstellungen) sind unter Auflagen ebenfalls mit bis zu 1.250 (Innenbereich) bzw. 2.500 Personen (draußen) möglich. Die Testpflicht im Innenbereich entfällt.
• Die Durchführung von Wettbewerben und Sportfesten ist innerhalb geschlossener Räume mit maximal 1.250 Personen, außerhalb geschlossener Räume mit maximal 2.500 Personen zulässig.
• Bei Gottesdiensten außerhalb geschlossener Räume wird die zulässige Teilnehmerzahl auf 2.500 erhöht, innerhalb geschlossener Räume auf 1.250.
• Die Quadratmeterbeschränkungen für Verkaufsflächen sowie für Freizeit- und Kultureinrichtungen entfallen.
• Unabhängig vom Modellprojekt können Diskotheken unter strengen Bedingungen wieder öffnen. Erforderlich sind u.a. ein Hygienekonzept, Kontaktdatenerhebung, Maskenpflicht, die Vorlage eines negativen Tests und die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 125 Personen.
analogo.de meint: Die Sturheit des kapriziösen Ministerpräsidenten Daniel Günther führt dazu, dass er wesentliche Fehler wie die Einschlagung des Impfweges als Voraussetzung zur Reduktion der Maskenpflicht kaum zugeben wird. Dieser Kahn läuft unbremsbar und reibungslos in die Richtung des gewählten Impulses. Durch die Kleinteiligkeit aller diktierten Coronamaßnahmen baut Günther in Summe an seinem Profil als ein rücksichtslos vorgehender Diktator.