Stadt Mannheim verbietet Demonstration für Minderheitenrechte

Mannheim | analogo.de – Die Stadt Mannheim hat aufgrund akuter Sicherheitsbedenken eine Demonstration verboten. Für den 08. April 2017 war eine Demonstration angemeldet, die für die Legalisierung der Arbeiterpartei Kurdistans (kurdisch: Partiya Karkerên Kurdistanê, Abk. PKK) in Deutschland auf die Straße gehen wollte.

Seit vielen Jahren möchte das Volk der Kurden einen eigenen Staat für ihre Bürgerinnen und Bürger, die derzeit für ihre Begriffe staatenlos im Irak, Iran, Syrien und in der Südost-Türkei leben. Durch den aktuellen Krieg in diesen Ländern wittern die Menschen die Chance endlich einen eigenen Staat gründen zu können. Dafür wollen sie sich organisieren. Die deutsche Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) versorgte hierzu die Kurden im Irak seit Herbst 2014 mit Waffen. Deutschlandweit verbalisieren die Kurden seit langem ihre Botschaft auf bisher genehmigten Demonstrationen, so zuletzt am 18. März 2017 in Frankfurt anlässlich des Newroz-Festes oder am 02. Februar 2017 in München, wo man einen „langen Marsch für die Freiheit vom Kurdenführer Abdullah Öcalan und den Frieden in Kurdistan“ unternahm.

Der türkische Präsident Erdogan bekämpft derweil die Kurden und ihr politisches Ansinnen mit harten militärisch-polizeilichen Mitteln, denn an vielen Orten haben die Kurden einen militanten Weg eingeschlagen. Kein Wunder, werden sie ihrerseits an einer Staatengründung mit Waffengewalt gehindert. Die deutschen Behörden fahren eine doppelgleisige Politik. Einerseits gewähren sie Kurden auf Kommunalebene mehrheitlich ein Demonstrationsrecht zu, sofern der Anmelder der Demonstration deutscher Staatsbürger oder ein eingetragener deutscher Verein ist. Andererseits hat die deutsche Bundesregierung die PKK als terroristische Vereinigung verboten. Auch führten diverse Terrorakte wie die Entführung einer Hamburger Fähre mit 60 Personen an Bord oder einer Rheinfähre zu dieser Entscheidung. Vor sechs Jahren wurden rund 80 Personen verletzt, als das Aktionsbündnis „Tatort Kurdistan“ in Berlin und Hamburg für die kurdischen Belange demonstrierte.

Während die Minderheiten im Staatsgefüge nach einer neuen Heimat suchen, halten die Inhaber der Staatsmacht den bestehenden Staat mit Waffengewalt zusammen. Linke Organisationen in Deutschland sympathisieren mit dem Gedanken, dass die Kurden als Minderheit in der Türkei ebenso ein Anrecht auf eine Heimat bzw. einen eigenen Staat haben wie die deutsche Linke – als Minderheit in den Parlamenten und im deutschen Alltag – ein Anrecht auf Teilhabe in Deutschland beanspruchen. Der tendenziell „rechte“ Verfassungsschutz (BfV) hat die gegenseitigen Sympathien in seinem Bericht von 2015 thematisiert.

Die Pressereferentin der Stadt Mannheim, Désirée Leisner teilte unserer Redaktion auf Anfrage mit, man habe die angemeldete Demonstration für den 08.04. verboten, da die Polizei eine „negative Gefahrenprognose“ aufgestellt hat. Die polizeilichen Erkenntnisse deuteten demnach auf eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Aus denselben Gründen wird derzeit überlegt, für den 07. und 08. Juli 2017 eine große Demonstration in Hamburg zu verbieten. Zum G20-Gipfel treffen sich die kriegstreibenden Staatenlenker wie Merkel, Erdogan, Trump und Putin oder die Vertreter des täglich den Jemen bombardierenden Saudi-Arabiens. Angesichts der weltweiten Kriegsszenarien und sozialen Ungerechtigkeiten haben sich Demonstranten ergo „ein Versenken des G20-Gipfels“ zum Motto gemacht.

Während die deutsche Staatsmacht auf Bundesebene einerseits die Lebensbedingungen der deutschen Bevölkerung beobachtbar verschlechtert (Armutsberichte werden entschärft, Kapitalismus, Verschärfung durch 2.500.000 Flüchtlinge die 42 Milliarden Euro pro Jahr kosten usw. usw.), ist die deutsche Staatsmacht auf Länderebene mit dem Frust der Leute konfrontiert. Die Spannung ist enorm und es erscheint nur als eine Frage der Zeit, wann sich die Spannung in einer gewaltigen Explosion löst. Eine unmittelbare Reaktion auf ihr Demoverbot bekam die Stadtverwaltung Mannheim zu spüren: Auf der Internetseite Linksunten.Indymedia erklärte ein Bekenner in wenigen Worten, warum man die Versammlungsbehörde in Mannheim mit Farbe attackiert habe.

Derweil genehmigte die Stadt Mannheim eine andere große Demonstration: Am 16.04. zieht Pulse of Europe zwischen 14 und 15 Uhr vom Marktplatz über B 3 zum Schillerplatz. Die Teilnehmer wollen für das existierende Konstrukt der EU demonstrieren. Damit sind diese Demonstranten jedenfalls nicht in der Minderheit. Pulse of Europe ist eine Demonstration für Mehrheitsrechte, und diese haben es traditionell einfacher als Demonstrationen für Minderheitenrechte.

Im Mannheimer Schloss residierten einmal Kurfürsten. Sie gehörten zu den mächtigsten Personen ihrer Zeit, da sie den König wählen durften. Bildrechte: domeckopol auf Pixabay -578307_1920
Print Friendly, PDF & Email