„Aufruf zum Sturm auf …“

Mainz, Kiel | analogo.de – Die ARD hat zum Sturm auf die Parlamente aufgerufen. Im Names des Staatssenders sprach die Pastorin Annette Behnken die agitatorischen Worte in einem „Wort zum Sonntag„.

Mit dem Aufruf zur Gewalt gegen Staatsorgane verstärkt der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk (ÖRR) einen Zeitgeist, der bereits seit einiger Zeit mit konkretem Leben gefüllt wird. Beispielhaft bestürmten am 13. Mai des letzten Jahres Linksextremisten den Schleswig-Holsteinischen Landtag in Kiel. Nur einer Polizeikette war es zu verdanken, dass die versuchten Körperverletzungen vor Ort misslangen. Die Ermittlungen von Staatsschutz und Staatsanwaltschaft danach verliefen ins Leere, weil die zum Teil vermummten Täter nicht ermittelt werden konnten. Aus bisher ungeklärten Gründen hatte die Landtagsverwaltung die wichtigste Überwachungskamera vor dem Hauptportal ausgeschaltet. Was es bedeutet, wenn vor einem Publikum von Millionen Zuschauern zum Sturm auf die Parlamente aufgerufen wird, ist Gegenstand dieses Essays von analogo.de.

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Vorangestellt: Aus politik-systemischer Sicht gibt es drei gewichtige Staaten im eigentlichen Staat. Diesen eigentlichen Staat nennen wir Staat 0, welcher aus dem Konglomerat aus Regierung, den Parlamenten und der Justiz besteht. Erstgenannte Staaten im Staat sind allesamt mit Sonderrechten ausgestattet und dürfen sich weitestgehend einer Kontrolle durch den Staat verschließen. Diese „Untersstaaten“ sind die Kirchen (Staat 1 im Staat 0), der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk mit ZDF, ARD und Deutschlandfunk (Staat 2 im Staat 0) und die Geheimdienste (Staat 3 im Staat 0).

Die Bedeutungsgrad der Rolle der Medien lässt sich aktuell an der Berichterstattung um das Coronavirus verfolgen. Legten die Medien das Brennglas in den letzten 12 Monaten auf den Klimawandel, spricht dank der Medien aktuell niemand mehr über das Klima. Genau wie die Kirchen als die göttlichen Vertretungen auf Erden machen Medien Meinung. Am Aufruf zum Sturm auf die Parlamente wird deutlich, wie sich die beiden Staaten im Staat (Staat 1 und 2) gegen den eigentlichen Staat (Staat 0) auflehnen, indem sie ihm durch einen revolutionären Sturm die Macht entziehen wollen. 

Wenn ein Staat im Staat gegen den Staat kämpft

Im Jahre 2013 hatte der ÖRR schon mal eine Revolution vollzogen, die jedoch innerhalb des eigenen Wirkungsbereiches blieb. Unter Führung des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und langjährigem Mitglied des ZDF-Verwaltungsrats Kurt Beck (SPD) wurden Haushalte auch dann zu Rundfunkgebühren verpflichtet, wenn sie weder einen Fernseher noch ein Radio besitzen. Diesen durch den Rundfunkkommissionschef moderierten Betrug am Verursacherprinzip verwundert nicht, wer bedenkt, wie Kurt Beck jahrelang seine Ehefrau betrog. Jedenfalls arbeiteten hier Politik (Staat 0) und ÖRR (Staat 2) noch Hand in Hand. Dass sich die Geheimdienste als Staat 3 einer Kontrolle durch den Staat entzogen haben, veranschaulichen die Nullergebnisse der Untersuchungsausschüsse NSA und NSU.

Das Wort „Revolution“ steht im Raum. Ein Mittel der Revolution ist der Hochverrat, ein anderes der körperliche Sturm durch unorganisiert stürmende „Demonstranten“, eine organisierte Sturmabteilung, durch ein Sturmgewehr oder gar durch einen Sturmpanzer.

Gemäß § 81 StGB ist der Hochverrat gegen den Bund wie folgt definiert: „Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt 1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder 2. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“

Anstifter (§111 StGB) müssen dabei ebensowenig wie Täter (§26 StGB) die angedrohte Gewalt selber ausüben. Dass ein „Sturm auf die Parlamente“ das Herbeiführen einer Änderung der auf dem Grundgesetz beruhenden verfassungsmäßigen Ordnung entspricht, ist über alle Zweifel erhaben. Durch Strafanzeigen wurde der Generalbundesanwalt nun auch mehrfach aufgefordert, von Amts wegen gegen die Verantwortlichen bei der ARD zu ermitteln. In diesem Kontext steht auch der Verdacht auf Volksverhetzung zur Diskussion.

Aus Erfahrung weiß man, dass der Generalbundesanwalt die Anklage wohl im Sande verlaufen lassen wird. Auch dem Staat 3 des Verfassungsschutzes ist nicht zuzutrauen, dass er die Tat der Pastorin in seinem nächsten Verfassungsschutzbericht erwähnen wird. Wer letzte Woche den Bericht Operation Rubikon gesehen hat, wurde gewahr, dass dem Geheimdienst eine Selbstbeobachtung anzuraten ist, um seinen eigenen Maßstäben gerecht zu werden. Wie wenig sich der Verfassungssschutz dem Gesetz verpflichtet fühlt, zeigt die Anfrage von WELT-Herausgeber Stefan Aust beim Hessischen Verfassungssschutz zur NSU-Affäre. Zur Beantwortung nur sehr weniger Fragen musste Aust mehrere Gerichtsinstanzen bemühen. Das Hessische Landesamt für Verfassungssschutz hat die Akte bis zum Jahre 2134 als unter Verschluss deklariert. Die Verfassungssschutzämter haben so viel „Dreck am Stecken“, dass eine sofortige Auflösung geboten ist.

Wer den Wind ruft, erntet den Sturm

Wohin wird es aber führen, wenn der Aufruf zum Sturm Schule macht? Heißt es dann morgen …

… Aufruf zum Sturm auf die Sendeantennen und Gebäude der Fernsehanstalten? Der ZDF-Komplex in Mainz ist nicht umsonst mit einem hohen Zaun geschützt.

… Aufruf zum Sturm auf die Gebäude des Bundesnachrichtendienstes in Berlin-Mitte?

… Aufruf zum Sturm auf die Gebäude des Bundesverfassungsschutzes in Köln-Chorweiler?

… Aufruf zum Sturm auf die Pfarrhäuser?

… Aufruf zum Sturm auf die bischöflichen Ordinariate?

… Aufruf zum Sturm auf die Kirchenverwaltungsgebäude?

Der Autor dieses Beitrags erlebte während eines Bürgerkrieges in Indien im Jahre 1990, wie das Militär die Sendestationen im Land bewachte. Der ZDF-Komplex in Mainz gleicht ebenso wie das Gebäude des Bundesnachrichtendienstes in Berlin einer Festung. Sollten aber ungeschützte Pfarrhäuser tatsächlich irgendwann einmal denjenigen Sturm ernten, den ihre Bewohner wie Pastorin Behnken als Wind gerufen hatten, könnte es den Pfaffen so ergehen wie mittlerweile vielen Kommunalpolitikern. Seit einigen Jahren werden landesweit Kommunalpolitiker bedroht, beleidigt und angegriffen. In genau diese Kerbe schlägt die Hetze der mediengewandten Pastorin.

Mit einem hohen Maß religiöser Selbstgerechtigkeit mag das Ansinnen Frau Behnkens verständlich sein, nämlich die gewählten Volksvertreter der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht mehr in den Parlamenten zu sehen. Was der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) einen Spuk nennt, den er hofft durch die Landtagswahlen 2022 beendet zu wissen, möchte Behnken durch straßenterroristische Gewalt beschleunigen. Wer von der AfD rechtsextrem oder rechtsradikal ist, darüber wird gerne und noch viel zu berichten sein. Und was von dieser Radikalität und von diesem Extremismus justiziabel zu erfassen ist, gilt es ebenso zu bewerten. Gewaltaffiner protestantischer Extremismus kann dabei allerdings nicht das Mittel der Wahl sein.

analogo.de meint: Der Aufruf zur Gewalt setzt eine ungeahnte Gewaltspirale in Gang. Frau Behnken sollte angesichts ihres verlorenen Glaubens an Gott, wie sie selber sagte, möglichst bald zum Psychologen gehen, und sich mit solchen Kommentaren zurückhalten. Die Verantwortung für den Gewaltaufruf trägt gleichwohl der Intendant des Fernsehsenders und die Programmverantwortlichen dieser Ausgabe des Wortes zum Sonntag.

Auch die Bundesanwaltschaft trägt Verantwortung, Anklage zu stellen. Die Justiz trägt Verantwortung, Recht zu sprechen. Sollten Justiz und Staatsanwaltschaft ebensowenig ihrer Aufgabe gerecht werden, ständen dann der Logik Annette Behnkens zufolge auch ein Sturm auf die Gebäude der verantwortlichen Justizgebäude zum Beispiel in Karlsruhe im Rahmen des Erlaubten?

Dass die Kirche autoritär und gewaltaffin ist, hat sie über zwei Jahrtausende bewiesen. Vielleicht konnten durch Religionen bisher Millionen Menschenleben gerettet werden, mindestens genau so viel Menschen verloren aber wegen Religionen ihr Leben.

Wie sehr das Personal der evangelischen Kirche im Stasi-Regime der DDR denunzierte, ist weithin bekannt. Im protestantisch geprägten Norddeutschland, dem Sendegebiet von Frau Behnkens Arbeitgeber NDR, lebt das Denunziantentum offensichtlich unvermindert fort. Politische Christradikale in Deutschland werden zunehmend gewaltbereiter und sollten ebenso wie der politische Islam stärker bekämpft werden.

Schließlich, wenn ein staatsnaher Sender dazu aufruft, den Staat durch Gewalt zu schwächen, werden sich immer mehr Menschen fragen, ob sie als Gebührenzahler der Haushaltsabgabe noch verpflichtet sein können, ebendiese Aufrufe zum Umsturz der staatlichen Ordnung zu finanzieren.

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