Coronavirus – Wo bleiben die deutschen Drive-through-Teststationen?

Berlin | analogo.de – Das medizinische Sicherheitsnetz Deutschlands zeigt sich bei der Bereitstellung von Coronavirus-Tests im Vergleich zu anderen Ländern träge. In Südkorea oder den Vereinigten Staaten von Amerika kommen innerhalb kurzer Zeit massenhafte Schnelltests zur Anwendung. Nach Aufflammen der Coronavirus-Epidemie richteten beide Länder Drive-Through-Stationen im Stile von McDonald’s ein, wo vor Ort ein schneller Abstrich mit Diagnose innerhalb eines Tages erfolgen kann.

Südkorea gelang es auf diese Weise, innerhalb nur weniger Wochen 250.000 Personen auf das neue Virus zu testen. Auch Italien testete bis vorgestern beeindruckende 86.000 Verdachtsfälle, selbst Russland imponiert mit 77.000 Tests bis zum 11. März. Die WHO-China Joint Mission on Coronavirus Disease empfiehlt generell ein breiter angelegtes Testsystem.

Angesichts rasant steigender Infektzahlen in Deutschland stellt sich die Frage, wo die deutschen Drive-through-Teststationen bleiben. analogo.de im Short-Read.

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In der USA wurden die ersten Drive-Throughs für die Mitarbeiter der Medizinhochschule der University of Washington in Seattle eingerichtet. Der Druck in den USA ist hoch. Das Land gilt bezüglich einer Virusepidemie als wenig vorbereitet. Innerhalb nur weniger Tage verzeichnet das Vorzeigeland 50 Tote durch Covid-19. Landesweit springen neue Drive-Through Systeme aus dem Boden. Im Coronavirus-Hotspot New Rochelle im Staat New York wurde eine Station eingerichtet. In ein paar Tagen soll laut Medienberichten eine Station im Staat New Hampshire stehen. Auch bieten mittlerweile US-Krankenhäuser landesweit Drive-Throughs an. Die University of Washington möchte ihr derzeitiges System für Mitarbeiter innerhalb Tagen für alle Leute öffnen.

Teilweise setzen die Drive-Through-Stationen vor der Einfahrt eine Anamnese via Telefon oder Internet oder gar eine ärztliche Voruntersuchung voraus. Während sich in Deutschland die Krankenkassen bei der Bezahlung des Coronavirus-Tests winden, sind die amerikanischen Test-Stationen frei.

Beweisen die Amerikaner in der Krise mal wieder ihre Flexibilität, hält das durch einen ideologisch getriebenen Föderalismus unbeweglich gewordene Deutschland an seinen rigiden Verwaltungsstrukturen fest, sei es auf Kosten von vielen Toten. Derweil hat die Medizinhochschule von Seattle einen Garagenplatz zur Drive-Through-Station umfunktioniert.

Drive-Throughs haben viele Vorteile. Am Virus erkrankte Personen können so selektiv identifiziert werden, ohne eine Klinik zu kontaminieren. Arztpraxen und Krankenhäuser werden geschont, die Sicherheit nimmt enorm zu. Die positiv Getesteten können sodann auf irgendeine Weise isoliert werden bzw. sich zuhause selber isolieren. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist es, der Bevölkerung eine weitestgehende Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Am anderen Ende der Skala lautet die Alternative eine Ausgangssperre, die im Ansatz bereits in Italien zur Anwendung kommt. Auch wenn es richtig ist, dass sich Menschen auf freiwilliger Basis für eine Weile von anderen Menschen fernhalten, trifft hier die Grundeinstellung „Freiheit“ auf die Grundeinstellung „Zwang“.

Die Strategie der deutschen Regierungen scheint eine andere zu sein. Das Regierungsinstitut Robert-Koch und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzen nicht darauf, die Kranken aus den Gesunden herauszuselektieren, sondern auf die Strategie einer hinzunehmenden flächendeckenden Infektionswelle von 50 Millionen (60 Prozent) bis 57 Millionen (70 Prozent) Bundesbürgern. In mehrfacher Hinsicht gleicht die Strategie der Bundesregierung und vieler Landesregierungen einer Kapitulation.

analogo.de meint: Auch der neueste Auftrag der Bundesregierung an den Lübecker Medizintechnikhersteller Drägerwerk für 10.000 Beatmungsgeräte kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung mit ihrer Strategie eine große Menge Tote in Kauf nimmt. Wieder klingelt das Merkel-Motto „Wir schaffen das“ in den Ohren, wobei das Motto diesmal nicht über die Höhe des zukünftig fehlenden Monatslohns oder die verlorene Sicherheit auf Deutschlands Straßen entscheidet, sondern über Leben und Tod vieler Bundesbürger. Ja die Drägerwerk-Bestellung dürfte sogar als Beweis dafür dienen, dass der Wagen sehenden Auges gegen die Wand gefahren wird.

Dynamische Verbreitung des Coronavirus in Deutschland. Bildrechte: Alexey Hulsov auf Pixabay 4928981_1920
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