Cisco-Interview zu BIG DATA: Die Fragen denen Percy Ott auswich

Mainz, Berlin | analogo.de – Der Polit-Chef der Firma Cisco Systems GmbH, Wolfgang Percy Ott hat sein Versprechen gebrochen, Interviewfragen zu BIG DATA zu beantworten. Nachdem Ott die schriftlichen Interviewfragen vorlagen, versuchte der Head of Government Affairs Germany mehr Zeit zu gewinnen. Schließlich versprach Ott unserer Redaktion, die Fragen in ein paar Wochen bis zum 06. Januar 2017 beantwortet zu haben. Ott meldete sich nicht bei der Redaktion. Waren die Fragen zu brisant, wenn es um etwa um Stichworte wie Edward Snowden oder Ciscos Rolle beim Internetbau Chinas ging? Wir haben entschieden, die Interviewfragen als Schatten-Interview zu veröffentlichen, denn alleine die Fragestellungen haben einen hohen Aufklärungswert für sich.

Gleichzeitig wollen wir mit diesem Beitrag unseren Lesern einen kleinen Einblick vermitteln, wie Presse funktioniert. Denn schriftliche Interviews werden von den befragten Interviewpartnern nicht selten steril gewaschen. Könnten diese Fragen inhaltlich eine Tatsache offenlegen, die man gerne unter Verschluss hält, verweigern die Befragten meistens die Beantwortung der Frage. Vor einer fertigen Veröffentlichung stimmt man das Interview als Journalist mit den Befragten ab, sofern die Befragten überhaupt zum Interview angetreten sind. Hier wird im Vorfeld in der Regel gestrichen und korrigiert, was das Zeug hält. Ein schriftliches Interview läuft insofern immer in Gefahr, nicht beantwortet zu werden. Der Chefreporter des SWR, Thomas Leif berichtete in einer Vorlesung an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz (JGU), wie er Wochen und Monate immer wieder diversen Interviewpartnern hinterherlief, bis er irgendwann einmal erfolgreich war. Das Ergebnis zum Thema Lobbyismus ist hier zu lesen.

Interessant ist auch der Hergang, wie Medien zu Interviewterminen oder überhaupt zu Informationen kommen. Wie alle Profis haben auch Journalisten ihre Netzwerke. Diese ragen oft sehr weit in die Entscheidungsebenen von Politik und Justiz hinein. So nahm der Herausgeber von analogo.de im Herbst 2016 an einem Pressegespräch des Justizministeriums Rheinland-Pfalz zum Thema Darknet teil. Nach Präsentation und Fragerunde gab’s Schnittchen und guten Wein im Partykeller. In angenehmer Atmosphäre konnten sich so die einladenden Politiker und Staatsanwälte mit den eingeladenen Journalistenkollegen der dpa, des SWR, der taz oder von analogo.de vertiefend über dieses und auch jenes Thema unterhalten.

In Bezug zu Justizangelegenheiten und BIG DATA erhielt unsere Redaktion im Herbst in einer typischen PR-Rundmail einen Hinweis, dass die Rechtsanwaltskammer Koblenz in Mainz am 9. November 2016 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema BIG DATA einlädt. Mit der Organisation war unter anderem eine PR-Agentur aus Hamburg beauftragt. In der Rundmail wurden wir gebeten die Podiumsdiskussion anzukündigen. Man vermittle zudem gerne ein Interview zu einem der Podiumsdiskussionsteilnehmer. Wolfgang Percy Ott von Cisco sagte uns ein Interview zu, und brach schließlich sein Versprechen.

Die Podiumsdiskussion hat am 09. November übrigens stattgefunden. Ott sagte hier unter anderem, dass Zeitungen Informationen selektieren und beeinflussen. Der Moderator Justizrat Prof. Dr. Franz Salditt hatte Einspruch erhoben: Man kenne die Interessenslage der Zeitung. Man entscheide sich aber selbst beim Kauf am Kiosk für oder gegen die Zeitung. Die Selektion und Beeinflussung von Informationen ist anerkanntermaßen ein Instrument, welches akzeptiert werden muss. Gleichwohl stellt die Begrenzung von Interaktion und Unterdrückung von Konflikten das klassische zweite Gesicht der Macht dar. Justizrat Salditt scheint den Mechanismus akzeptieren zu wollen, weil es den Regulationsmechanismus des Marktes gibt. Ähnlich urteilte gestern das Bundesverfassungsgericht, welches die Partei NPD nicht verbieten wolle, weil sie im demokratischen Sinne zu klein sei.

Aus dem Dialog zwischen Salditt und Ott wird ersichtlich, wie eng die Bereiche Medien und BIG DATA miteinander verbunden sind. analogo.de ist übrigens davon überzeugt, dass die Zukunft im Datenjournalismus liegt. Leser können sich dann selber aussuchen, welche Daten und Informationen für sie relevant sind.

Nun denn, Zeit für die Interviewfragen:

analogo.de: Der Name Cisco leitet sich von der Heimatstadt Ihres Konzern San Francisco ab. Der Name San Francisco leitet sich wiederum vom Heiligen Franz von Assisi ab. 1221 entsandte Francisco Franziskanermönche nach Mainz, um hier ein Kloster zu errichten. Rund 800 Jahre später nahmen Sie in dieser Stadt an einer Podiumsdiskussion zum Thema Big Data teil. Francisco wurde einflussreich, indem er seine 1. Franziskanerregel konstituierte, nämlich den Fokus der eigenen Hingabe zur Armut und „dem Verkünden der guten Nachricht“ (aus dem Griechischen für Evangelium). Angesichts von BIG DATA, wie lautet die gute Nachricht der Cisco Systems GmbH?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Der Blogger Fefe meint, nur weil Dinge technisch möglich sind, sind sie nicht automatisch gut. So sei es technisch möglich per Wifi-Strahlung von außen zu messen, wo sich jemand in einer Wohnung aufhält. Es sei eine Frage der Menschenwürde und informationellen Selbstbestimmung, dass anfallende Daten nicht automatisch auch verwertet werden dürfen. Können Sie ein Beispiel nennen, wie Cisco Systems mit seinen Prozessen in diesem Sinne vorsorgt?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Big Data kostet Arbeitsplätze, denn die Einsparmöglichkeiten für Firmen durch Optimierung sind enorm. Cisco hat angekündigt mehrere Tausend Mitarbeiter freistellen zu wollen. Gibt es hierzu neue Pläne seitens Cisco Systems Deutschland?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Das Internet of Everything (IoE) will Menschen, Daten, Prozesse und Dinge verbinden. Was ist Ihrer persönlichen Meinung nach mit der Seele? Werden Menschen mit dem IoE zu reparierfähigen Computer-Bauteilen?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Mit Metadaten wird viel Schindluder getrieben. Die NSA tötet laut seinem ehemaligen Boss Michael Hayden auf der Basis von Metadaten. Wer Focus Online liest, dessen Metadaten werden als IP-Adressenbestandteil zu Facebook geleitet, auch wenn man die Datenschutzbedingungen von Focus Online noch nicht bestätigt hat. Wo genau liegt die Schutzfunktion des IronPorts von Cisco?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Cisco steht im Fokus von Medien und Politik. Ihr Konzern hatte in enger Zusammenarbeit mit der chinesischen Regierung das Internet Chinas mitgebaut. Nun berichtete das Wall Street Journal von den Enthüllungen Edward Snowdens, gemäß denen die National Security Agency (NSA) Modifikationen in Cisco-Bauteilen eingebaut hat, noch bevor sie nach China zur Weiterverarbeitung exportiert wurden. Sendungen sollen abgefangen worden sein, die Produkte an einem geheimen Ort verwanzt, neu verpackt und anschließend zum Zielobjekt verschickt worden sein. Snowden belegte diese Behauptung mit einem Foto, welches das NSA-Personal bei exakt dieser Tätigkeit des „Modifizierens“ zeigte. Ihr Cisco Vorstandsvorsitzende John Chambers bat kürzlich Präsident Obama in einem Brief um „neue Regeln“, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Der designierte Präsident Donald Trump kündigt nun an die Körperschaftssteuer für Firmen wie Cisco zu senken. Bleibt Cisco am Ball für „neue Regeln“?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Warum engagiert sich Cisco seit 2015 im Open Compute Project?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Cisco behauptete letztes Jahr Ihr neuer patentfreier und offener Next-Gen Video-Codec H.265 sei ein Industriestandard. Können Sie ausschließen, dass Cisco eines Tages Lizenzgeld für seinen Codec nimmt?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Wir von analogo.de wollen Wissen neu verknüpfen, so dass es nicht nur gesucht, sondern auch gefunden werden darf. Welche Chancen bietet für Sie eine Knowledge Discovery aus Datenbanken (KDD)?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Wenn BIG DATA in Datenpools gesammelt werden, wird’s brenzlig. Wer etwa im Drogeriemarkt dm oder bei REWE seine Paybackkarte einlesen lässt, übermittelt seiner Käuferdaten an einen Datenhändler wie Schober. Diese Händler erstellen Käuferprofile aus Datenpunkten, die sie sich von Versicherungen, Behörden, Gewinnspielen, aus dem Krankenhaus und eben den angesprochenen Supermärkten besorgt haben. Personalabteilungen in den USA kaufen derzeit massiv Verhaltensdaten von Computerspieleherstellern ab. Die Eignung der Bewerber soll nicht mehr durch die Menschenkenntnis des Personalchefs festgestellt werden, sondern Algorithmen sollen die Stressverträglichkeit des Bewerbers einschätzen. Bitte nennen Sie uns ein Beispiel, wie Cisco bei betrieblichen Vorgängen oder Stellenbelegungen Menschlichkeit misst?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

analogo.de: Welche Daten stellen für Sie persönlich keinen hohen Wert dar, so dass Sie sie gerne freigeben?

Percy Ott: (Herr Ott hielt seine Interviewzusage nicht)

Cisco als globale Datenkrake Nummer 3 gibt sich verhüllt. Whistleblower sind Enthüllende, die dem Enthüllten die Würde der Transparenz zurückgeben. Bildrechte: User6335159 auf Pixabay 3037154_1920
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