Der Glyphosat-Report von ANA LOGO – 4. Teil

Der tatsächliche Glyphosat-Eintrag stieg in Deutschland mit 15.000.000 kg innerhalb von 2 Jahren auf das 2,5-fache. 2012 lag er bundesweit bei 6.000.000 kg. Wenn laut Informationen der Landesregierung von Rheinland-Pfalz in Deutschland jährlich 30.000.000 kg Pestizide ausgebracht werden, ist jedes zweite Kilogramm Pestizid auf deutschen Äckern Glyphosat. Der weltweite Glyphosat-Jahresumsatz von Monsanto, BASF & Co. lag 2012 übrigens bei 650.000.000 kg. Monsanto dachte sich wohl: Die Deutschen liegen unter dem Grenzwert, da geht noch was! Im aktuellen Zulassungsverfahren setzt Monsanto daher auf höhere Grenzwerte.

Gerne führen Landwirte auch an, dass die eingesetzte Pestizid-Menge in Deutschland sinkt, unterschlagen aber die Information, dass dies nur aufgrund steigender Toxizität der Wirkstoffe der Fall sein kann. Pflanzenschutzmittel neuerer Machart haften besser an und werden zudem durch optimierte Spritztechniken gezielter eingesetzt. Dennoch waren im Jahre 2011 noch 31 % aller deutschen Feldfrüchte mit zu hohen Pestizid-Rückständen belastet. Feldfrüchte aus Spanien blieben im Jahre 2012 sogar nur zu 10 % innerhalb der erlaubten Grenzwerte. Bei regelmäßigen Gewässeruntersuchungen in Rheinland-Pfalz findet man seit Jahren zu hohe Konzentrationen von Arzneimittelwirkstoffen, Östrogenen, Nitraten und eben auch Pflanzenschutzmitteln.

Glyphosat in Menschen

Glyphosat ist überall. Neuere Untersuchungen weisen das Gift vor allem bei Frauen nach. Es findet sich in der Muttermilch, im Blut, im Urin und bei in-vitro-Studien passiert es sogar die Plazenta-Schranke. In jahrelangen Untersuchungen bei Männern bewiesen Mediziner der Universitätsklinik Poitiers in Frankreich den eindeutigen Zusammenhang von Pestiziden und Parkinson, Prostatakrebs, bösartigen Erkrankungen an Lymphbahnen und des Knochenmarks. Blasenkrebs wird bei französischen Winzern inzwischen als Berufskrankheit anerkannt, wenn diese zu stark mit Pestiziden in Kontakt kamen.

Die Forschungsgruppe am Bostoner Massachusetts Institute of Technology (MIT) um Dr. Stephanie Seneff veröffentlichte unlängst ein höchst brisantes Studienergebnis mit eindeutigen Daten: Glyphosat ist der Hauptgrund für die epidemieartige Ausbreitung der Gluten-Unverträglichkeit in Europa und in den USA (schon 5 % der Menschen). Andere US-amerikanische Untersuchungen führen auch Bluthochdruck, Autismus und Stoffwechselerkrankungen auf Glyphosat zurück. Die MIT-Forscher richten einen dramatischen Appell an die Zulassungsbehörden, Glyphosat-Rückstände in Lebensmitteln besser zu verhindern.

Das Mittel darf niemals an Haut und Augen geraten. Ein ganz aktuell veröffentlichtes Review vom 14. August 2015 bestätigt als Metastudie weitere potenzielle toxische Effekte durch Glyphosat – und das bereits bei niedrigen Dosen. Die Toxizität drückt sich aus durch Teratogenität, Tumorerregung und hepatorenale Effekte auf Nieren und Leber. Diese Effekte sind durch endokrine Disruption und oxidativen Stress zu erklären. Dass die Wirkung von Glyphosat das menschliche Hormonsystem schädigen kann, beweisen auch Studien des Forscherteams um Dr. Vandenberg von der University of Massachusetts in Amherst oder Dr. Thongprakaisang vom Chulabhorn Graduate Institute in Bangkok.

Glyphosat in Tieren

Prof. Dr. Monika Krüger von der Universität Leipzig fand Glyphosat in frisch geschlachteten Kühen. Befallen waren Muskeln, Leber, Milz, Nieren und Darm. Körperteile, die theoretisch beim Metzger um die Ecke zu Wurst und Fleischwaren weiterverarbeitet hätten werden können. Alle untersuchten Kühe schieden Urin mit Glyphosatanteil aus und verzeichneten einen gleichzeitgen und wohl nicht-zufälligen massiven Mangel an Spurenelementen.

Glyphosat im Wasser

Die Anwendung auf versiegelten Flächen ist verboten, da der Stoff nach Regenereignissen nicht ins Grundwasser gelangen soll. US-Forscher berichten, dass Glyphosat und sein Metabolit AMPA trotzdem häufig während der Wachstumssaison in Flüssen des amerikanischen mittleren Westens detektiert werden. Während eines Monitoring-Programms in Dänemark wurden im Abflusswasser aus der Wurzelzone ausgewaschenes Glyphosat und AMPA in Konzentrationen gefunden, die sogar die Grenzwerte für Trinkwasser übersteigen (0.1 Mikrogramm pro Liter). Selbst in Regentropfen kann das Gift nachgewiesen worden.

Glyphosat in Getreide

Die Stiftung Ökotest fand in eigenen Tests mehrfach Glyphosat-Rückstände in Mehl, Brötchen, Backwaren und Haferflocken: In insgesamt 70 % aller Proben (14 von 20) wurde das Labor fündig. Der Grund liegt im Prozess der in Österreich verbotenen Sikkation, indem Landwirte kurz vor der Ernte nochmals Glyphosat spritzen: Das grüne Korn trocknet ab, damit ein homogen reifes Feld abgeerntet werden kann. Monsanto & Co. beschuldigen nun die Landwirte, die Sikkation zum falschen Zeitpunkt anzuwenden. Jedenfalls sieht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gesundheitliche Bedenken, sollten durch die Sikkation Messwerte über den gesetzlich festgelegten Höchstwerten auftreten.

Schwierig ist der Nachweis bei fast allen Lebensmitteln wie z. B. Brot, da die Ware sofort verkauft wird. Findet man dort keine Rückstände, muss man nur in Mais, Leinsamen, Weizen, Soja, Hafer oder Linsen suchen: In allen Lebensmitteln hoben EFSA und BVL die Grenzwerte im Jahre 2012 auf Bitte von Monsanto an. analogo.de erkundigte sich beim Landesverband der Lebensmittelkontrolleure von Rheinland-Pfalz, warum man keine Lebensmittel auf Glyphosat-Rückstände überprüft. Das Ergebnis ist erschreckend: Der Vorsitzende des Verbandes kannte den Wirkstoff noch nicht einmal. analogo.de musste ihn buchstabieren. Nun denn, guten Appetit!

Glyphosat in der Luft

Glyphosat wabert in Aerosol-Partikeln gebunden durch die Luft. Mit einer Partikelgröße von einem bis zehn Mikrometer werden Glyphosat-Partikel in Aerosolen lungengängig. Aus der Feinstaub-Diskussion ist der Begriff PM2,5 bekannt, mit dem 2,5 Mikrometer großer Feinstaub aus chemischen Prozessen beschrieben wird, der sogar alveolengängig ist und daher mit den Lungenbläschen ins Blut gelangt. Die kleinsten Glyphosat-Partikel zählen zu dieser Kategorie.

Landwirte sind zwar angehalten, Ackergifte wie Glyphosat nur bei relativer Windstille zu spritzen. Doch halten sie sich nicht durchgängig an die Vorgaben. Ihre schweren Landmaschinen verdichten zudem ihre Böden so stark, dass die Wasseraufnahme-Kapazität sinkt und der Wind feste Bodenbestandteile aus Ackerkrume und getrockneten Herbizid-Salzen fortbewegt. Europa verzeichnet mittlerweile auf 420.000 km² Ackerfläche Winderosion, eine Fläche so groß wie ganz Deutschland und Irland zusammen. In den trockenen Böden können die verflüssigten Pestizide nicht so gut abgebaut werden, wie ursprünglich gedacht. Die Herbizide gelangen mit der sogenannten Pestizid-Abdrift in den Lufttransport – und können eingeatmet werden.

Siedlungsgebiete entlang großer Agrarflächen in Ostdeutschland und Niedersachsen sind daher insgesamt gefährdeter als der bundesweite Durchschnitt. Obwohl Glyphosat in Deutschland nicht wie in Argentinien mit Sprüh-Flugzeugen auf riesige Felder aufgebracht wird, gelangt ein Teil des Giftnebels in den Nah- und Ferntransport. Herbizide wie Prosulfocarb sind zwar flüchtiger als Glyphosat und somit häufig im Luftgemisch zu finden, doch an heißen oder windigen Tagen gelangt auch eine beträchtliche Menge Glyphosat in die Luft.

→ Lese weiter im 5. Teil

 

87 Prozent aller Rapsflächen werden mit Glyphosat behandelt. Bildrechte: Dengmo auf Pixabay 4916481_1920

 

Legende des Wörterbuch Glyphosat von ANA LOGO

  • GVO (genetisch veränderte Organismen) = GMO (genetically modified organisms)
  • PSM = Pflanzenschutzmittel
  • So ist die Übersicht unterteilt:
  • Erste Sektion: Welche Wissenschaftler an welchen Universitäten und Instituten?
  • Zweite Sektion: Welche Angestellte in welcher öffentlichen Institution?
  • Dritte Sektion: Welche Angestellte in Industrie, NGO und Lobbyismus
  • Alle 3 Sektionen primär nach alphabetischem Ort bzw. Amt/Institution. EU hierarchisch bzgl. Aktionsradius. Sekundär chronologisch. Bundes-Amt steht vor Bundes-Anstalt.
  • Der Übersicht halber gibt es eine Wertung: Grün steht der Einfachheit halber tendenziell FÜR eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, GEGEN Glyphosat und die Agro-Gentechnik, FÜR eine transparente Gesetzgebung, LIEFERT Studienergebnisse, die eine Gesundheitsgefahr und ökologische Gefahr darstellen. Rot steht mit seinen Aussagen und Aktionen für das Gegenteil.