Offenbarung repressiver Zensurmaßnahmen an Universität Koblenz-Landau

Landau/Pfalz | analogo.de – Als amtierender Präsident der Universität Koblenz-Landau verantwortet Prof. Dr. Heiligenthal seit Mai 2013 Zensurmaßnahmen gegen studentische Gremienvertretungen am Campus Landau. Als letztere über seine Aussagen zur Zensur berichten wollen, unterbindet er auch diese Rundmail innerhalb der Hochschule und droht mit der Staatsanwaltschaft. Ein Anschlag gegen die Demokratie mitten in einer zentralen Bildungsstätte des Landes Rheinland-Pfalz. Kritische Meinungen werden neutralisiert.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Sind die Zensurmaßnamen an der viertgrößten Hochschule von Rheinland-Pfalz von höchster Stelle angeordnet? Heiligenthal gibt sich verschlossen. Doch der Druck auf den ehemaligen Studentenpfarrer und Professor für Bibelwissenschaft wächst. Die Entwicklungen im Überblick.

Juni 2013: Nach den Enthüllungen Snowdens beschließt das Studierendenparlament Landau, alle Studierenden via Rundmail über Möglichkeiten der Verschlüsselung zu informieren. Die Rundmail wird von der Hochschulleitung zensiert. Erst nach starkem Druck wird sie freigeschaltet. Wichtig: Das StuPa benutzt den explizit für solche Fälle eingerichteten Rundmail-Server.

Juli 2013: Aus dem politisch brisanten natur- und umweltwissenschaftlichen Fachbereich 7 berichtet ein studentischer Gremienvertreter

  • wie das Dekanatsteam versucht, den Platz des studentischen Vertreters im wichtigen Ausschuss für Studium und Lehre heimlich zu besetzen
  • wie sich die Nicht-Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen auf die Arbeit von studentischen Vertretern auswirken kann
  • vom letzten Platz der Universität Koblenz-Landau bei Stipendienvergabeplätzen der renommierten Studienstiftung des deutschen Volkes

Die Rundmail des Studentenvertreters wird nach wenigen Tagen nachträglich deaktiviert. Er selber wird von der Zensur nicht informiert. Erst nach acht Wochen starkem Druck der verfassten Studierendenschaft begründet die Hochschule die Zensur mit dem unangenehmen Inhalt der Rundmail.

November 2013: Aus dem politisch brisanten naturwissenschaftlichen Fachbereich 7 will derselbe studentische Gremienvertreter über die Zensurmaßnahmen berichten. Die Hochschulleitung unterbindet auch diesmal eine Freigabe der Rundmail aufgrund kritischer Bemerkungen.

Dezember 2014: Aufgebrachte Studenten stellen Heiligenthal zur Rede angesichts der Zensurmaßnahmen. „An unserer Hochschule machen wir keine Zensur. Zensur wurde in der DDR ausgeübt und dort kamen Menschen ins Gefängnis. Mehr sage ich dazu nicht“, verteidigt sich Heiligenthal auf der letzten Sitzung des Jahres des Fachbereichs. Angesichts dieses Ausweichmanövers wird ihm in einem symbolischen Akt der ukrainische Kürbis des Missbehagens überreicht.

Januar 2014: Der Bericht über die Weigerung Heiligenthals wird abermals zensiert. Die freie Meinungsäußerung innerhalb der Hochschule ist passé, auch wenn die Campuszeitung La.Uni noch berichten darf. Als Studierende fordern, dass die Rundmail freigeschaltet wird, folgt Heiligenthals Drohung mit staatsanwaltlicher Prüfung: „Sollten Sie dennoch an Ihrer Absicht des Mailversands festhalten wollen, … müssten wir den Vorgang an die Staatsanwaltschaft abgeben, um zu prüfen, ob die von Ihnen aufgestellten Behauptungen und Verstöße gegen das HochschulG von Relevanz sind.“ Der Gremienvertreter wünscht die Freigabe der Nachricht. Heiligenthal schaltet die Staatsanwaltschaft ein, die Rundmail wird trotzdem nicht freigeschaltet: Zensur nach lockender Drohung. Der politische Stil des Präsidialamts sinkt auf einen Tiefpunkt.

Das Präsidialamt der Universität Koblenz-Landau liegt in Mainz. Als eine der jüngsten Universitäten Deutschlands und stark wachsenden Studierendenzahlen steht die Universität vor großen Herausforderungen für Verwaltung und Finanzierung. Insbesondere in-transparente Verwaltungstätigkeiten führen zur politischen Ausschaltung der demokratisch verankerten studentischen Gremienvertretung und damit verbundenen ungerechten Prüfungssituationen. Seit einigen Jahren vorenthält das Präsidialamt den Studierendenvertretungen in den wichtigen Fachbereichsräten geeignete Kommunikationsmedien. Stellung, Funktion und Sinn der studentischen Selbstverwaltung sind gefährdet. Der Maulkorb für studentische Gremienvertreter bedeutet die Untersagung jeglicher Vernetzung untereinander. Fächer-übergreifend Studierende aus den Bereichen Erziehungswissenschaften und Kultur- und Sozialwissenschaften dürfen von ihren Studentenvertretern nicht über Neuerungen von Prüfungsordnungen informiert werden.

Damit wird die organisatorische Verknüpfung der fächer-übergreifenden Studiengänge der Fachbereiche Erziehungswissenschaften, Kultur- und Sozialwissenschaften und Natur- und Umweltwissenschaften zur zentralen Herausforderung der Universität in Landau. Nach den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Koblenz am Campus Koblenz steht Heiligenthal somit vor der nächsten großen Herausforderung.

Auf den zweiten Blick offenbart sich aber eine noch erschreckendere Aussicht: Beflügelt die gezielte Unterbindung studentischer Mitsprache an Universitäten die Erziehung der neuen Generation zum Kadavergehorsam? Sollten Universitäten gerade in demokratischer Hinsicht nicht eine gesellschaftliche Vorbildfunktion einnehmen? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Mainz sieht hier große Gefahren und hat sich daher der Thematik angenommen.

Zensur an der Universität Koblenz-Landau. Bildrechte: GDJ auf Pixabay 3768916_1280