Universität Koblenz-Landau – Die studentischen Vertreter in Fachbereichsräten

Koblenz, Landau | analogo.de – An der Universität Koblenz-Landau hält die Demokratie nur widerwillig Einzug, denn in nur kleinsten Schritten öffnen sich Gremien und Gremienvertreter der Hochschule gegenüber den Studierenden. In Landau brauchte es drei Jahre, bis die Protokolle aus den Sitzungen der Fachbereichsräte im universitäts-eigenen Intranet für alle nachlesbar waren. Einen kleinen Schritt in Richtung Demokratisierung vom Campus Landau unternahm nun der ASTA, indem er allen studentischen Vertretern in den vier Fachbereichsräten eine Email-Adresse einrichten ließ, damit sie für ihre Wähler (i. e. die Studierenden) überhaupt erreichbar sind.

Wahlbeteiligungen an deutschen Hochschulen sind rar. Dass sich manche Organisatoren schon über ein Wahlbeteiligung von 10% freuen, ist ein untrügliches Indiz für die Verheimlichungskultur in Deutschland. Vor einigen Jahren bemängelte die Aarhus-Konvention Vollzugsdefizite bei den diversen Transparenzgeboten öffentlicher Ämter. Das heimliche Arbeiten deutscher Politiker fängt bereits an Hochschulen an. Hier befindet sich die Schmiede des politischen Nachwuchses für etablierte Verheimlicher wie etwa die aktuelle Bundesregierung, die Details zum Handelsabkommen TTIP nur in einem hochgesicherten und überwachten Leseraum billigt.

Am Campus Landau wehrt sich das politische Establishment mit großer Vehemenz gegen Demokratisierungsmaßnahmen. So zeigte die Dekanin des Fachbereichs 7, Gabriele Schaumann gegenüber studentischen Vertretern das klassische zweite Gesicht der Macht: Begrenzung von Interaktion und Unterdrückung von Konflikten. Die Dekanin und Professorin verhandelt nur mit Parteien, deren Einfluss sie sich zuvor vergewissert hat. Jahrelang verhinderte Schaumann die hochschulweite Transparenz ihrer Fachbereichsratssitzungen. Über den Hochschulpräsidenten Roman Heiligenthal drohte man gar mit der Staatsanwaltschaft gegen Vertreter aus der Studentenschaft, sollte man die Studierenden weiterhin per Rundmail über die Geschehnisse informieren. Schaumann plädierte, die über 1.700 Studierenden könnten ja im Dekanat monatlich erscheinen und nachfragen, was es Neues gäbe.

Das politische Establishment scheint sich die Regeln der repräsentativen Demokratie selber stricken zu wollen. Dazu gehört auch die Weigerung der Landauer Dekanate, die Email-Adressen der gewählten Studentenvertreter zu veröffentlichen, damit Studierenden ihre gewählten Vertreter direkt kontaktieren können.

Universitäre Gremienarbeit kann mühsam sein und nur wenige Studenten erstreben ein solches Mandat. Häufig bevorzugen die studentischen Vertreter das anonyme Arbeiten, müssen sie auf diese Weise keinem Wähler (i.e. Studenten) Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen. Aus Kreisen der Fachschaft Chemie ist zu hören: „Wir tragen Informationen von Mund-zu-Mund.“ Auch das Zeitungsprojekt La.Uni thematisiert nur wenige politische Fälle am Campus, die Themenwahl erscheint über die Jahre sehr selektiv.

Die meisten Studenten informieren sich folglich über Facebook, dem Informationsäquivalent von McDonalds. Das Facebook-System bietet in den Diskussionsgruppen seichtes vordergründiges Wissen im Zweizeilenformat. Mit diesem Informationssystem verlieren Studierende zwar die Übersicht über relevante Hintergründe zu wichtigen hochschulpolitischen Themen, aber sie bereiten sich gleichzeitig auf die Befähigung zum Bildzeitungslesen im hohen Alter vor.

Präsentieren sich die Studierendenvertreter am Campus Koblenz ihren Wählern gegenüber als erreichbar und offen, gehen viele Landauer Studierendenvertreter auf hochschulpolitische Tauchstation. Damit Studenten in Zukunft ihre studentischen und gewählten Vertreter in Fachbereichsräten unabhängig voneinander erreichen können, und ohne dass irgendeine studentische interne Moderatorengruppe Informationen wegzensiert, veröffentlicht analogo.de die Namen und Kontaktmöglichkeiten aller aktuellen studentischen Vertreter in den acht Fachbereichsräten der Universität Koblenz-Landau. Mit mehr Transparenz sollen informierte Studierende nicht nur eine bessere Chance erhalten ihr Studium zu schaffen, sondern es soll auch eine höhere Wahlbeteiligung erreicht werden. Wenn man merkt, was studentische Vertreter in den Fachbereichsräten bewirken können, geht man das nächste Mal auch zur Wahl.

Ein praktikables Thema lautet aktuell: Transparenz von Klausurlösungen. Während Klausurlösungen in einigen Fachbereichen wie im Bereich Psychologie (FB 8) in der Prüfungsordnung vorgeschrieben sind, drücken sich einige Fachbereiche wie der naturwissenschaftliche Fachbereich 7 um Dekanin Schaumann um eine faire Transparenzmachung in Form von Musterlösungen. Auch die Professoren Schwenk und Schulz etwa berufen sich unter anderem auf ihr Urheberrecht. Daraufhin wurde Hochschulpräsident Heiligenthal Anfang März 2016 vom Landesdatenschutzbeauftragten (LfDI) Dieter Kugelmann aufgefordert Klausurlösungen transparenter zu gestalten, denn auch im Sinne des neuen Transparenzgesetzes könne sich kein Dozent auf das Urheberrecht berufen: Die Schöpfungshöhe reiche i. d. R. nicht aus. Der Senat der Hochschule beschloss Ende Februar 2016 das Thema an die Prüfungsausschüsse zu delegieren, denn dort werden die Prüfungsordnungen ausgearbeitet. Auf der jüngsten Senatssitzung der Hochschule am 12. Juli 2016 wurde allerdings offenbar, dass die Dekanate und Prüfungsausschüsse trotz Aufforderung der Landesbehörde LfDI in der Sache monatelang nichts unternommen haben.

Nun wäre es Aufgabe der (auch anonymen) studentischen Fachbereichsratsvertreter, ihr Recht laut Hochschul-Grundordnung  wahrzunehmen, an den geheim tagenden Ausschusssitzungen der Prüfungsausschüsse teilzunehmen oder sich ansonsten öffentlichkeitswirksam für die Sache einzusetzen. Zwecks Anregungen und Rückfragen können Studierende ihre Vertreter nun direkt kontaktieren. Hier die Übersicht:

 Fachbereich Fachbereichsratsvertreter Email-Kontakt 1
Email-Kontakt 2
FBR 1 – Bildungswissenschaften Ramin Bahrami rbahrami@uni-koblenz.de  
  Philipp Jakobs pjakobs@uni-koblenz.de  
  Alexa Menzel amenzel@uni-koblenz.de  
  Corvin Rick diesercorvin@uni-koblenz.de  
FBR 2 – Philologie/Kulturwissenschaften Franziska Herzog franziskaherzog@uni-koblenz.de  
  Melanie Lange melanielange@uni-koblenz.de  
  Nicole Mattern nicolemattern@uni-koblenz.de  
  Timo Schmitz timoschmitz@uni-koblenz.de  
FBR 3 – Mathematik/Naturwissenschaften Cathrina Balthasar cbalthasar@uni-koblenz.de  
  Marco Böhm mboehm@uni-koblenz.de  
  Corina Krohm ckrohm@uni-koblenz.de  
  Alexander Schuster aschuster@uni-koblenz.de  
FBR 4 – Informatik Darja Detzel ddetzel@uni-koblenz.de  
  Christina Kranemann ckranemann@uni-koblenz.de  
  Frederik Rüther fruether@uni-koblenz.de  
  Andre Schneider aschneider90@uni-koblenz.de  
FBR 5 – Erziehungswissenschaften
Mona Dittmar fs-erz@uni-landau.de fbrr5.1@uni-landau.de
  Lukas Körner L. Körner bevorzugt anonymer Burka-Politiker zu sein. Wir respektieren diesen Wunsch. fbrr5.2@uni-landau.de
  Thorben Kraus fs-erz@uni-landau.de fbrr5.3@uni-landau.de
  Driton Rizvanaj rizv6141@uni-landau.de fbrr5.4@uni-landau.de
FBR 6 – Kultur- und Sozialwissenschaften Christian Jeffrey Deubler deub1826@uni-landau.de fbrr6.1@uni-landau.de
  Michael Hübscher fachschaft@sowi-landau.de fbrr6.2@uni-landau.de
  Sophia Maroc maro4576@uni-landau.de fbrr6.3@uni-landau.de
  Michelle Metzger fachschaft@sowi-landau.de fbrr6.4@uni-landau.de
FBR 7 – Natur- und Umweltwissenschaften Marleen Gruber Update 28.09.2016: M. Gruber bevorzugt zwar anonyme Burka-Politikerin zu sein, aber als studentisches Senatsmitglied ist sie erreichbar unter senat-stud@list.uni-koblenz.de fbrr7.1@uni-landau.de
  Lillian Hirschmann L. Hirschmann bevorzugt anonyme Burka-Politikerin zu sein. Hirschmann ist zu wichtig um anonym zu bleiben. Daher als Rechercheergebnis: umwelt@asta-landau.de fbrr7.2@uni-landau.de
  Sebastian Legrum S. Legrum bevorzugt anonymer Burka-Politiker zu sein. Wir respektieren diesen Wunsch. fbrr7.3@uni-landau.de
  Lukas Hey heyl7388@uni-landau.de fbrr7.4@uni-landau.de
FBR 8 – Psychologie Judith Gärtner fachbereichsrat@psycho-landau fbrr8.1@uni-landau.de
  Sebastian Olbrich fachbereichsrat@psycho-landau fbrr8.2@uni-landau.de
  Maike Kühn fachbereichsrat@psycho-landau fbrr8.3@uni-landau.de
  Clemens Sarholz fachbereichsrat@psycho-landau fbrr8.4@uni-landau.de
       

Update: Nachdem wir die Emailadressen aus Landau kurzzeitig abgesattelt hatten, wurden sie wieder re-installiert. Die Ausnahmen bilden die zwei Burka-Politiker Lukas Körner und Sebastian Legrum. Indem sie – genau wie die anderen studentischen Vertreter aus Landau – ihre amtliche Emailadresse nicht freischalteten, zeigten sie sich für ihre studentischen Wähler nicht erreichbar. Damit agierten bzw. agieren sie im Verborgenen.

Studentische Mitglieder des Studentenparlamentes Stupa teilten uns derweil mit, dass der ehemalige Abgeordnete der Grünen (Campus Grün), Sebastian Legrum im Stupa für einen Aufsehen erregenden Antrag gesorgt hatte: Der angehende Geograph wollte, dass alle Parlamentsabstimmungen anonym geschehen.

Legrum muss als atypischer Grüner gelten, propagieren Bündnis90/Die Grünen doch sonst immer für transparente Strukturen und offene Demokratie zu stehen. Mit wesentlicher Kraft der Grünen im Landtag von Mainz wurde etwa das Transparenzgesetz von Rheinland-Pfalz beschlossen. Den Wunsch nach Anonymität teilt der Grüne Sebastian Legrum offensichtlich mit seinem Grünen-Genossen Lukas Körner.

Das Mitglied der Stupa-Partei Die Liste, Lililan Hirschmann wollte zwar auch anonym bleiben und nicht mit ihrer Emailadresse erscheinen, steht aber ansonsten als ASTA-Referentin im Mittelpunkt politischer Aufmerksamkeit am Campus. Wir haben daher entschieden ihre ASTA-Email-Adresse zu veröffentlichen.

Mit dem Ziel von mehr Transparenz in den Willenbildungsprozessen an der Universität Koblenz-Landau. Bildrechte: Geralt auf Pixabay 113541_1920
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