Google-Beschwerde: So hebeln deutsche Behörden de facto die Nutzerrechte ihrer Bürger aus

Hamburg | analogo.de – Wer sich in Deutschland wegen Google beschweren will, kann sich jetzt an den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit (HmbBfDI) wenden. analogo.de sprach mit Jutta Hazay, der für Google zuständigen Referentin beim HmbBfDI. Unter anderem erfuhren wir, wie man idealerweise eine Beschwerde lanciert und wie sich Suchergebnisse entfernen lassen. Das Fazit lautet aber: Investieren Sie Ihre Zeit besser in einen Spaziergang an der frischen Luft.

Erster Schritt:

Das Antragsformular zur Entfernung personenbezogener Daten auf Google findet man unter https://www.google.com/webmasters/tools/legal-removal-request?complaint_type=rtbf&visit

Zweiter Schritt:

Google muss sich nun gemäß Art. 12 Absatz 3 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) innerhalb eines Monats beim Beschwerenden melden. Tut Google das erwartungs- und erfahrungsgemäß nicht, kommt Schritt 3 zum Tragen.

Dritter Schritt:

Jetzt soll man sich an den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten wenden. Erst jetzt. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Firmensitz des Internetriesen: Das deutsche Hauptquartier des US-Unternehmens Google befindet sich in Hamburg. Das Antragsformular für elektronische Beschwerden wegen Datenschutzverstößen gemäß Art. 77 der DSGVO findet man hier

Zumindest in der Theorie schaut nun Frau Hazay, ob der Löschungswunsch berechtigt ist. Die Befugnisse der federführenden Aufsichtsbehörde sind in Artikel 56 der Datenschutzgrundverordnung geregelt, und für Google gilt, dass diese Behörde in Irland sitzt. Schlecht für deutsche Internetnutzer. Man wendet sich also an Hamburg, Hamburg hat zwar was zu sagen, aber eben weniger als die irische Aufsichtsbehörde. So hebeln deutsche Behörden de facto die Nutzerrechte ihrer Bürger aus.

Vierter Schritt:

Nun stellt sich heraus, ob die Beschwerde bei Frau Hazay Früchte trägt. Im Gespräch mit analogo.de gibt Frau Hazay zu, dass für die meisten Fälle keine Zeit bleibt bzw. dass man priorisieren müsse. Die schweren Fälle hätten Vorrang, jeder Fall würde aber bearbeitet, die weniger wichtigen Fälle halt später. Gelebter Rechts- und Verbraucherschutz geht anders.

Fünfter Schritt:

Immerhin: Der HmbBfDI ist nun aufgefordert, innerhalb von drei Monaten zu antworten. Angesichts der Punkte 1 bis 5 dürfen deutsche Internetnutzer nicht erwarten, dass sie zu ihren Datenschutzrechten kommen. Denn welcher Beschwerende betreibt wohl seinen Löschungswunsch weiter, wenn er nach drei Monaten von Hamburg erfährt, was Hamburg zum Thema meint? Mit der Internet-Logik gesprochen: Das Recht hat sich noch nicht die Schuhe geschnürt, da sind Fakten längst über alle Berge.

Fazit: Theorie und Praxis zeigen einmal wieder, dass es in Deutschland zwar Rechtsnormen gibt, diese aber ohne Anwalt fast nie nachgehalten werden (können). Deutschland, eine wahre Show-Demokratie. Wer das Glück hat, sich einen teuren Medienrechtsanwalt wie Joachim Steinhöfel leisten zu können, für den gilt natürlich ein anderes Recht: Das Recht des Stärkeren. Die Durchschnittbevölkerung bleibt auf der Strecke.

 

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