Export und Import von Krieg ist Deutschlands souveräner Wählerwille

Hannover / Berlin | analogo.de – Mit den Anschlägen von Paris und dem abgesagten Länderspiel in Hannover Deutschland vs. Niederlande ist der Krieg in Europa angekommen. analogo.de wollte wissen, ob die Anschläge zu erwarten waren und befragte in Stichproben weniger als einhundert Bürgerinnen und Bürger. Zudem konfrontierten wir die Probanden mit der Frage, ob ein Teil der Ursache das eigene Wählerverhalten sein könne.

Im Ergebnis erwarteten fast alle Befragten eine Verschärfung der Gewaltspirale im eigenen Land, wenn auch die Form der bevorstehenden Gewalt häufig nicht benannt werden konnte. Dieser diffusen Gefühlswelt stehen eindeutige Fakten der Gewalt entgegen. Doch wenn sich Gefühlswelten aus konkreten ehemaligen Erfahrungen speisen, könnte man argumentieren, dass die Gefühle diffus waren, weil einerseits in anderen westlichen Ländern Anschläge verübt wurden und in Deutschland seit RAF-Zeiten keine großen Anschläge mehr ausgeübt wurden. Noch unterschiedlicher fielen die Antworten auf die Frage aus, mit welchen Ursache-Wirkungs-Prinzipien die zunehmenden Anschläge zu erklären sind. analogo.de ließ die Befragten das folgende Erklärungsmuster reflektieren:

1.

Gemäß Artikel 20 Abs. 2 des deutschen Grundgesetzes geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Dieser grundlegende Artikel sagt weiter, dass diese Staatsgewalt vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird. Der Souverän ist also das Volk.

2.

Ergebnis des souveränen Volkswillens ist seit der Wahl Helmut Kohls im Jahre 1982 ein konsolidiertes Arrangement der mehrheitlich konservativen Regierungsparteien CDU/CSU/FDP/SPD und mit Abstrichen den Grünen. Diese von Volkes Wählerstimme mit großer Macht versehenen Parteien forcieren in den letzten Jahren Deutschlands zunehmende militärische Mitwirkung in Ländern wie Afghanistan, Somalia, Mali oder etwa der Türkei durch Patriot-Raketen. Gleichzeitig liefert das Land der Kolonialmacht USA zahlreiche Militärbasen vor allem in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. Von hier aus steuert die Militärmacht ihre Drohnen in Pakistan (von Ramstein aus), ihre Kampfjets für Irak-Einsätze (von Spangdahlem aus) oder ihre Kampfeinheiten für gezielte Westafrika-Einsätze (von Stuttgart aus). Man verschaffe sich hier einen besseren Überblick. Deutschland beteiligt sich also zunehmend an den globalen Kriegen, gewinnt an Einfluss in der NATO und rangiert gleichförmig auf einem der obersten Plätze der Waffenexporteure weltweit. Noch mehr als Deutschland betrifft die zunehmende Kampfeslust die Länder Frankreich, Großbritannien und die USA.

3.

Wenn aktuell in Syrien französische Bomber und im Irak US-amerikanische Bomber flächendeckende Bombardements der syrischen und irakischen Bevölkerung vornehmen, sterben sehr viele unschuldige und schuldige Menschen. Eine Million Kriegstote hat die Region zu verzeichnen (wir berichteten). Dieses Gefühl des Todes tragen die Bewohner Arabiens wie ein Totentuch seelenloser Zombies um ihr Antlitz. Die Gegend ist spätestens seit dem ersten Irak-Krieg paralysiert und erstickt in Trauer.

4.

Der Zustand jahrelanger Trauer wechselt nun in konkrete Verteidigungs-Handlungen. Die Akteure sind Menschen ohne gefühlte Heimat und sichere Staatsgrenzen. Sie ziehen von einem gescheiterten Staat bzw. Landstrich in den nächsten, auf der Suche nach Ordnung, Macht und Sinn. 350.000 Iraker zogen so nach Syrien und verschärften dort die Lage für die einheimische Bevölkerung. Auch in Europa lebende Araber mit dem Gefühl einer doppelten Heimat identifizieren sich mit den jahrelang in ihrer Würde gekränkten Zuhausegebliebenen. Sie nehmen den Kampf in ihrer aktuellen aber gefühlt sekundären Heimat Europa auf.

5.

Das Gefühl der verlorenen Würde der Bürger Arabiens erklärt sich unter anderem durch das Selbstverständnis der westlichen Mächte und zuletzt auch Russland, im fernen Ausland nach Gutdünken und eigenem Ermessen zu bomben. Man stelle sich vor, Kampfflugzeuge von Saudi-Arabien oder Ägypten töten über 20 Jahre Europäer, indem sie nach Gutdünken und Kriegsverlauf ihre Bomben über Deutschland, Großbritannien oder Italien abschmeißen.

6.

Da die Lokalbevölkerung gegen die Bombardements von oben seit Jahren machtlos ist, sagen sie sich: Wir kämpfen gegen sie, aber nicht auf offenem Feld und im eigenen Land, sondern rächen uns an einem Platz, wo sie empfindlich sind. Jeder Feldherr würde diese Strategie verfolgen. So kehrt der Krieg nach Frankreich und Deutschland.

7.

Jedermann in Deutschland wird heute argumentieren, dass es eine souveräne Entscheidung der letzten Bundesregierungen war, deutsche Soldaten nach Afghanistan und in die anderen Kriegsorte zu schicken. Ganz aktuell will die CDU einer einheimischen Gruppe im Irak und Syrien den Krieg erklären.

8.

Gemäß Punkt 2 sind und waren diese souveränen Entscheidungen indirekt eine Entscheidung des Volkes als Staats-Souverän. Zumindest die Wähler von CDU und SPD als Königsmacher von Bundeskanzlerin Angela Merkel verantworten somit Deutschlands ständigen Export von Krieg. Und seit Neuestem verantworten sie auch den Import von Krieg auf deutsches Gelände.

9.

Wenn das Wahlvolk – in einer für sein eigenes Schicksal verantwortlichen Wahl – eine souveräne Entscheidung traf, indem die meisten Wähler bewusst wählten und verstehen, was ihre Wahl bedeutete, liegt der Import von Krieg nach Deutschland unmittelbar in der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen Wählers der oben genannten Parteien.

 

Ein Großteil der Befragten gab an, diese Kausalität nachvollziehen zu können. Allein die Frage, ob es in Europa keine Anschläge mit arabischem Hintergrund mehr gäbe, wenn die Westmächte ihre Armeen aus dem Nahen und Mittleren Ostens abziehen, wollten nur wenige Befragten eindeutig bejahen.

analogo.de meint, ein Versuch ist es wert. Denn der Westen hat in anderen Ländern nichts zu suchen und zudem genug eigene Probleme zu lösen. Europa benötigte viele Jahrhunderte, um aus Streit über Macht, Grenzen und Werte schließlich Frieden zu schaffen. Auch andere Länder haben das Recht diesen Weg zu gehen und ihre eigene Friedens-Genesis zu schreiben – mit allen Vorteilen und Nachteilen.

Zumindest werden sie dann sagen: Wir leben jetzt in Frieden, und diesen haben wir selber herbeigeführt. Dies entspräche der Wiederherstellung der Würde eines Volkes und ihrer Bewohner.

Deutschlands Bürger leben wunderbar vom Kriegsgeräte-Export. Bildrechte: WikiImages auf Pixabay 60542_1920