Scoop von analogo.de – Ryanair stellt ab Winterflugplan 2025 nun doch Bordkarten am Check-in-Schalter aus

Dublin | analogo.de – Ryanair, die größte Airline Europas, ändert tatsächlich seine längst angekündigte Handhabung des Check-Ins, nachdem analogo.de die Airline mit der Frage konfrontierte, ob es nicht diskriminierend sei, wenn man ab November 2025 auf komplett ‚papierlos‘ umsteigt. Fazit: Zur Freude smartphonefreier Menschen dürfen sich Ryanair-Passagiere ab neuem Winterflugplan nun doch darauf freuen, auch weiterhin zuhause am Computer einzuchecken. 

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Firmenboss Michael O’Leary will alle Kunden dazu bewegen, ein Smartphone zu besitzen und nur noch mit diesem auf den Flügen von Ryanair zu reisen. Alle Passagiere müssten ihre Bordkarten ab Winterflugplan 2025 auf dem Smartphone oder Tablet vorzeigen, verlautete Ryanair im Frühjahr diesen Jahres. Doch wie sieht es mit Menschen aus, die sich bewusst gegen ein Leben mit Smartphone entscheiden? Können diese in Zukunft nicht mehr auf Ryanair fliegen?

Anfang letzter Woche befragten wir die Airline daher, ob sie diese Praxis nicht diskriminierend fände und wenn nicht, warum nicht? Wir führten den führenden Journalist Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung an, der jüngst argumentierte, es verstoße gegen grundlegende Menschenrechte, Menschen ohne Smartphone zu benachteiligen.

Heribert Prantl meint (Artikel mit Bezahlschranke), mündige Bürger hätten ein Recht auf ein analoges Dasein. Er berichtet, es gäbe viele technikaffine Menschen, die sich der Nachteile von Smartphones, wie Überwachung und Ortung, sehr bewusst sind. Prantl schreibt zum Beispiel, immer mehr Dienstleistungen und Terminbuchungen würden nur noch digital angeboten. Die Digitalisierung sei an einem kritischen Punkt angelangt, an dem zu oft aus Wohltat Plage wird. Die Post zum Beispiel setze die „Digital only“-Strategie des Bundesministers für Digitales, Volker Wissing, um.

Wissing argumentiert wie O’Leary. Der mittlerweile abgewählte deutsche Minister meinte, Deutschland müsse „analoge Parallelstrukturen konsequent abbauen und auf komplett digitale Prozesse setzen.“

Prantl hält dagegen, das sei „freilich eine Strategie, die in die Verfassungswidrigkeit führt“. Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sage, niemand dürfe wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Religion, seiner Sprache, seiner Religion, seiner Weltanschauung, seiner Volkszugehörigkeit, seines Körperbaus, seiner Hausstandszugehörigkeit, seines Vermögens, seiner Geburt oder seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Da Artikel 3 des deutschen Gesetzes dem irischen Gleichstellungsgesetz und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (vor allem Artikel 25) entspricht, was sagt nun Ryanair zu dieser Situation? Wir klarifizierten gegenüber Ryanair, mit Diskriminierung sei eine herabwürdigende Diskriminierung zu verstehen, im Detail die Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen (hier: Menschen ohne Smartphones) oder Einzelpersonen aufgrund bestimmter diskriminierender (d. h. differenzierender) Werte.

Und so reagierte Ryanair: Zunächst schickte uns die Airline am 25. August diesen Link zur alten Pressemitteilung vom 05. März, ergänzte dann aber noch diesen einen Satz: „Passagiere, die kein Smartphone besitzen, können einen Freund oder ein Familienmitglied bitten, die Bordkarte für sie herunterzuladen, oder online einchecken und sich an den Check-in-Schalter am Flughafen wenden, wo man ihnen behilflich sein wird. “

Der letzte Satz war zweifelsohne ein Zusatz auf unsere Presseanfrage; ein Zusatz, der bislang nirgends zu lesen war.

Wir hakten mit zwei Fragen nach:

1. Bedeutet das neue Verfahren, dass Passagiere keine Bordkarten mehr ausdrucken, sondern stattdessen zum Check-in-Schalter am Flughafen gehen, wo ihnen das Personal vor dem Abflug behilflich ist?

2. In der Vergangenheit diente die Vorlage der vorab ausgedruckten Bordkarte beim Flughafenpersonal nach dem Online-Check-in zu Hause als fairer Nachweis dafür, dass die Passagiere tatsächlich eingecheckt hatten. Der große Unterschied für Passagiere ab November könnte also darin bestehen, dem Flughafenpersonal nachzuweisen, dass man tatsächlich eingecheckt hat, oder? Wie wird Ryanair mit diesem Problem umgehen?

Am 27. August antwortete Ryanair :

„Laut [Red. der alten bekannten] Pressemitteilung bedeutet dies, dass Ryanair-Passagiere ab November 2025 keine physische Bordkarte mehr herunterladen und ausdrucken müssen, sondern stattdessen die digitale Bordkarte verwenden, die während des Check-ins in ihrer „myRyanair”-App generiert wird. Als Ergebnis dieser Kundeninitiative geht Ryanair davon aus, dass ab November 2025 fast alle Flughafen-Check-in-Gebühren entfallen werden, da alle Passagiere online/in der App einchecken und ihre digitale Bordkarte ausstellen lassen werden.“

Nun hatte sich Ryanair selber widersprochen, hieß es doch noch zuvor, man könne sich zur Not auch noch an den Check-in-Schalter am Flughafen wenden, wo man ihnen behilflich sein werde. Worin auch immer diese Hilfe bestehen könnte. Es fehlte eine klare Aussage.

Also hakten wir nochmals nach mit der Frage: „Gehen Menschen ohne Smartphone also zum Check-in-Schalter am Flughafen, um dort ihre Bordkarte zu erhalten?“

Da sich Ryanair daraufhin nicht mehr meldete, konfrontierten wir am 28. August das Irische Ministerium für Kinder, Behinderung und Gleichberechtigung (Department of Children, Disability and Equality) mit der Bitte um Stellungnahme.

Und jetzt zeigte sich einmal mehr, warum Ryanair zur größten Airline Europas wurde. Adhoc wird den Leuten rund um Firmenboss Michael O’Leary klar, dass der Geist aus der Flasche ist. Man greift zum Hörer und diktiert der britischen Zeitung The Independent ein angebliches „Exklusiv-Interview“, welches unsere just mit Ryanair und dem Ministerium geäußerten Bedenken aufgreift. 

Ob Ryanair zum Londoner Independent ging, weil ich ein Mitglied der British Association of Journalists bin, soll (gerne) ein Rätsel bleiben. Fest steht (Stand 01. September 2025):

Wider der alten Ankündigung dürfen sich Ryanair-Passagiere ab neuem Winterflugplan doch darauf freuen, auch weiterhin zuhause am Computer einzuchecken. Ihre Bordkarte erhalten sie dann am Check-in-Schalter am Flughafen. Eine frohe Botschaft nicht nur für ältere und sozial schwache Menschen, sondern – um es mit Heribert Prantl zu sagen – auch für viele technikaffine junge Menschen, die sich der Nachteile von Smartphones, wie Überwachung und Ortung, sehr bewusst sind.

Teaser: Lesen Sie gerne auch unseren Scoop in ähnlicher Hinsicht zur Diskriminierung von Digital Outsidern bei der Restaurantkette Pret a Manger. Unser Exklusivbeitrag schlug in Großbritannien hohe Wellen, WORAUFHIN Pret a Manger sein diskriminierendes System einstellte. Smartphoneträger hatten hier für Ihr Brötchen 20 Prozent weniger bezahlen müssen als smartphonefreie Kunden.

Auch ab Winterflugplan 2025 erhält man bei Ryanair wieder die Bordkarte auf Wunsch am Check-in-Schalter. Bildrechte: Rainer Winters

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