Jakob Blasel (Grüne) & Gereon Bollmann (AfD) – die Gemeinsamkeiten der Bundestagskandidaten zum Whistleblowerschutz

Rendsburg-Eckernförde | analogo.de – Eine Befragung der beiden Bundestagskandidaten Jakob Blasel (Grüne) und Gereon Bollmann (AfD) hat überraschende Gemeinsamkeiten ans Tageslicht befördert. Nicht nur vereint die beiden der berufliche Fokus auf Recht und Unrecht (der alte Bollmann war früher Richter am Oberlandesgericht, der junge Blasel studiert Jura), sondern beiden Politikern ist eine frappierende Nicht-Kommunikation gegenüber Medien gemein. analogo.de hatte die beiden Bundestagsdirektkandidaten aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde befragt, wie sie die Situation bei den 100 größten Arbeitgebern Schleswig-Holsteins bewerten, die laut einer aktuellen Umfrage weitflächig unvorbereitet auf ein baldiges Whistleblowerschutzgesetz treffen werden. Im Gegensatz zu Bundestagskandidaten anderer Parteien aus demselben Wahlkreis (Bericht folgt) schwiegen sich beide Kandidaten aus.

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Normalerweise genießen Bundestagskandidaten die Bühne, denn durch ihre Präsenz verkaufen sie sich volksnah und sachkompetent. Die Wähler erfahren so, was denn die Volksvertreter im Bundestag erreichen wollen, und die Politiker haben sich empfehlen können. Dem scheint nicht so bei Gereon Bollmann (AfD) und Jakob Blasel (Grüne). Diese drei Fragen ließen AfD und Grüne unbeantwortet:

1. Wie stehen Sie dazu, dass Whistleblowing einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft einnehmen wird und was können Sie und Ihre Partei dazu beitragen?

2. Der bekannte Whistlebloweranwalt Stephen M. Kohn hält nichts davon, dass sich Whistleblower direkt an europäische Strafverfolgungsbehörden wenden, sie würden hier eher zum Opfer als zum jemandem, dem man wertschätzt und dankt. Weiterhin hat eine aktuelle Umfrage bei den 100 größten Arbeitgebern Schleswig-Holsteins ergeben, dass sich kaum ein Unternehmen auf das bevorstehende Whistleblowerschutzgesetz vorbereitet hat. Was denken Sie, woran das liegt?

3. Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass die vielleicht bekannteste Whistleblowerin Schleswig-Holsteins, Frau Margrit Herbst, gesundheitlich und finanziell von ihren Arbeitgebern zugrunde gerichtet wurde, weil sie auf grobe Misstände hingewiesen hatte?

Anstatt öffentlichkeitswirksame Interviewfragen zu beantworten, lässt Blasel lieber Parteigenossen von Tür zu Tür gehen, die dem Volke Broschüren reichen. Auf diesen schreibt Blasel: „Hier können wir ins Gespräch kommen:“ Auf Facebook, auf Instagram, auf Twitter, per E-Mail, auf seiner Webseite, über seine Handynummer 0151 1296 8956 oder auf gruene.de für Informationen aller Art.

Ja, so sind sie, die Grünen: Grosse Klappe, nichts dahinter. Auf allen Kanälen eine Erreichbarkeit proklamieren, und dann nicht den Anstand haben, eine Presseanfrage stilvoll abzusagen. Oder weit und laut für den Schutz von Whistleblowern eintreten, und dann in Bundestags- und Landtagsdebatten gegen Whistleblower agieren. So geschehen im Kieler Landeshaus, als in Debatten Schleswig-Holsteins berühmteste Whistleblowerin Margrit Herbst rehabilitiert werden sollte. Herbst hatte den BSE-Skandal enthüllt, und weil sie die Wahrheit sprach, verlor sie Gesundheit, Job und Geld.

Theorie und Praxis – die Wahlprogramme

Wenn es ums Whistleblowing geht, geht es häufig auch um Korruption und Geldwäsche. Immerhin erfährt man von Bollmann auf seiner Webseite, was er von Korruption in der Politik hält. Für die CDU hält er es für denkbar, dass die Partei ein ähnliches Schicksal erleidet wie deren hochkorrupte italienische Schwesterpartei Demokrazia Italiana, die sich „Anfang der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts im direkten Gefolge von Korruptionsermittlungen der Mailänder Staatsanwaltschaft gegen die dortigen „christlichen“ Politiker selbst aufgelöst“ hatte.

Blasel bläst ins selbe Horn, und bescheinigt auf Twitter Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) eine „tiefe Verwicklung in Vetternwirtschaft“ ebenso wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die beiden würden nicht nur der Union schaden, sondern sogar „der gesamten parlamentarischen Demokratie“. Auch da sind sich Grüne und AfD grün, im Kampf gegen die Korruption von CDU/CSU.

Gemäß Wahlprogramm wollen Bündnis90/Die Grünen einen Entschädigungsfonds für Whistleblower, denn nur allzu häufig verlieren Hinweisgeber Gesundheit, Job und Geld. Weiterhin plädieren die Grünen für einen besseren Quellenschutz und eine Umsetzung der EU-Whistleblowingrichtlinie unter Einbezug nationaler Regelungsbereiche. Dass die Grünen immer noch Asyl für Edward Snowden fordern, macht sie zur menschlichsten Partei im Bundestagswahlkampf.

Aber auch die Alternative für Deutschland lässt sich nicht lumpen. Mit der Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie ins deutsche Hinweisgeberschutzgesetz ab Ende 2021 dürfen sich in Zukunft vor allem staatliche Angestellte und Beamte größerer Redefreiheit erfreuen. Folglich will die AfD ein einheitliches deutsches Whistleblowergesetz, nach dessen Verabschiedung das Beamtenrecht (Red. nachrangig) angepasst werden müsste.

Wollen CDU-Vertreter allenfalls streng staatliche externe Kanäle einrichten, die Hinweisgeber in Zukunft ja nach Wunsch direkt kontaktieren dürfen, will die AfD eine eher unabhängige Whistleblowingbehörde einrichten. Als gutes Beispiel einer unabhängigen Behörde gilt der Landesdatenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz.

Lesen Sie im nächsten Bericht über die Einschätzungen der Rendsburg-Eckernförder Bundestagskandidaten Holger Thiesen (dieBasis), Nils-H. Saul (Die Partei), Sönke Rix (SPD), Christine Aschenberg-Dugnus (FDP), Bärbel Kahlund (Frei Wähler), Johann David Wadephul (CDU) und Maylis Roßberg (SSW).

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