Trump und der Abzug von US-Militär – Einschätzungen von drei deutschen Regierungen

Mainz, Stuttgart, Berlin | analogo.de – Die Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und der Bund sind gespannt, ob der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump US-Militär aus Deutschland abziehen wird. Die größte US-Armee außerhalb der USA ist in Deutschland und hier insbesondere in Rheinland-Pfalz stationiert. analogo.de bat die Landesregierungen und den Bund um eine aktuelle Einschätzung, wie die Regierungen dazu stehen, dass Trump den Abzug von Teilen des US-Militärs aus Deutschland angekündigt hat.

Derzeit sind immer noch 17.600 offiziell registrierte US-Soldaten, 11.260 US-Zivilangestellte und 35.000 US-Angehörige in Rheinland-Pfalz stationiert. Zudem sind hier 7.125 deutsche Ortskräfte bei den US-Streitkräften beschäftigt. Der Sprecher der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, Joachim Winkler teilte unserer Redaktion auf Anfrage mit, die US-Regierung habe bereits in den vergangenen Jahren wiederholt Kürzungen im US-Militärhaushalt vorgenommen und dabei verstärkt Einsparungen bei Stationierungsausgaben der US-Militärpräsenz in Europa eingeleitet. Diese Kürzungen wurden unter anderem mit dem umfangreichen European Infrastructure Review (EIC) im Januar 2015 veröffentlicht. Die Verlagerung von Einheiten aus dem zur Schließung vorgesehenen Standort Mildenhall in Großbritannien in die rheinland-pfälzischen Spangdahlem und Ramstein sei Teil dieser Planungen. Ziel hierbei sei es europaweit Einsparungen zu erzielen, ohne die Leistungsfähigkeit der US-Streitkräfte in Europa substantiell einzuschränken.

Winkler gibt aber zu bedenken, dass man nicht absehen könne, ob die im Rahmen des EIC-Prozesses gefundenen Lösungen und Vorhaben vom designierten Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Donald Trump in Frage gestellt werden. Konkrete Erkenntnisse seien erst in den Monaten nach dem Amtsantritt von Präsident Trump am 20. Januar 2017 zu erwarten.

Es ist zu erwarten, dass Trump relativ bald nach seinem Amtsantritt nach Rheinland-Pfalz kommt und dem Demokratiesymbol des Hambacher Schlosses einen Besuch abstatten will. Trumps Großvater Friedrich stammt aus dem pfälzischen Kallstadt, betrieb in den USA ein Bordell und verleugnete lange Zeit seine deutsche Abstammung. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsdidentin Malu Dreyer (SPD) zeigte sich kürzlich von einem Schlossbesuch Trumps wenig begeistert.

Gegenüber analogo.de betont Pressesprecher Winkler aber die rückblickend gute Tradition der Landesregierung für kontinuierliche Gespräche mit US-Regierungsvertretern, US-Abgeordneten und Senatoren im US-Kongress. Letzteren obliegt die Budgethoheit und somit die Entscheidung, wie viel Geld in USA für fremdländische Militärstationierungen übrig bleibt. Rheinland-Pfalz schielt auf die wohlwollende Finanzierung der US-Dependancen und will motivierend „positive Umfeldbedingungen“ für die stationierten US-Soldaten und deren Familien schaffen. Aus diesem Grund würden die Bemühungen auch 2017 fortgesetzt, so Winkler. Im Rahmen des Beratungs- und Begleitprojekts „Willkommen in Rheinland-Pfalz! (WiR!) – Unsere Nachbarn aus Amerika“ würden in elf Gemeinden in Nähe der US-Militärstandorte Ramstein, Spangdahlem und Baumholder lokale Strategien und Maßnahmen zur Förderung des deutsch-amerikanischen Zusammenlebens entwickelt bzw. weiterentwickelt.

Laut dem Pentagon ist der Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem der weltweit beste, der „optimale militärische Leistungen der Militäroperationen“ seines 52. Jagdgeschwaders sicherstellt. Ziel von WiR! in Rheinland-Pfalz sei es freiwillige Angebote für die Einbindung von US-Bürgerinnen und US-Bürgern in das öffentliche Leben vor Ort zu schaffen. Durch die Bündelung des bereits vorhandenen Engagements, aber auch durch neue Ideen, sollen für beide Seiten positive Effekte generiert werden.

Weiterhin macht das Team von Malu Dreyer (SPD) Sondermittel für Dorferneuerungen in den Regionen um die großen US-Militärstandorte frei. Ziel sei die Schaffung von qualitativ hochwertigen Wohneinheiten in den Umlandgemeinden der Standorte, um den Zuzug von US-Familien in die Ortskerne zu unterstützen, die Integration zu fördern und gleichzeitig die regionale Wertschöpfung aus Mieteinnahmen zu stärken. Die Botschaft lautet: Insgesamt sollen sich die Krieger in Rheinland-Pfalz wohl fühlen, wenn sie sich schon am Krieg beteiligen. Und geht es den Kriegern gut, geht es auch Rheinland-Pfalz gut.

Genau wie sein Nachbar Rheinland-Pfalz lebt Baden-Württemberg vom Krieg. Die grün geführte Landesregierung in Stuttgart zeigt sich derweil verschlossener. Mit einer Andeutung von Missmut über die Avancen Trumps schrieb uns der Sprecher der Landesregierung, Rudi Hoogvliet, man wisse noch nicht, welche der mannigfachen Äußerungen Trumps aus dem Wahlkampf tatsächlich politisch umgesetzt würden. Die Regierung Kretschmann pokert und gibt zum künftigen Handeln der US-Administration lieber keine Stellungnahme ab.

In der Gegend um Stuttgart sind sehr wichtige Stützpunkte der US-Army für ihren weltweiten und afrikazentrierten Kampf stationiert. Von Stuttgart aus betreibt der Überwachungs-Geheimdienst NSA die Überwachung deutscher Bürger(innen) und ausländischer Bewohner. Die Überwachung ist mit dem Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte in Europa (USEUCOM) verbunden. In Böblingen ist die US-Armeebasis und Panzerkaserne (USMC) des Hauptquartiers der Marineinfanterie in Europa (United States Marine Corps Forces Europe, USMARFOREUR) stationiert. In Bad Cannstadt und Möhringen betreiben die Amerikaner ihre Armeebasis des Hauptquartiers der Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Afrika (AFRICOM) in den Robinson und Kelley Barracks. In Stuttgart-Vaihingen hat die Armee rund um die Patch Barracks ihre Armeebasis des Hauptquartiers der Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Europa (EUCOM) und die dazugehörigen Sondereinsatzkräfte untergebracht.

Eine umfassende Auflistung zu den Stützpunkten des US-Militärs in Deutschland und der Welt bieten wir hier an.

In einem Bund-Länder-Abgleich befragten wir schließlich das Bundesministerium der Verteidigung (BMV). Der Pressesprecher Rüstung, Oberstleutnant Markus Thull stellt gegenüber analogo.de die bereits seit zwei bis drei Jahren überproportional steigenden Verteidigungskosten des Bundes heraus. Die Bundesregierung macht derzeit ohne großes Aufsehen Geld für die angebliche Landesverteidigung locker, auch wenn damit Kriegsbeteiligungen am Hindukusch oder in Syrien einhergehen. Denn seit über 10 Jahren argumentiert die Bundesregierung, dass die Landesgrenzen Deutschlands am Hindukusch, in Mali oder aktuell an der türkischen Grenze verteidigt werden. Die Bundeswehr lässt sich gerne offen, ob sie nun fünfzehn oder zwanzig Milliarden Euro mehr für Waffen ausgibt, das BMV könne dies nicht beziffern.

Die angeblich gesteigerte Gefahrenlage rechtfertigt diese Art von Langfristplanung, so der Argumentationsstrang. Der Trend ist beschrieben und das Weißbuch Bundeswehr 2016 veröffentlicht. Trump oder nicht Trump, das Kriegsministerium von Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint den Ausgang der Wahlen bezüglich der Folgen für die Stationierung des US-Militärs in Deutschland nicht als sehr relevant zu erachten.

Solche F16 Kampfjets fliegen von rheinland-pfälzischen Militärflughäfen. Am 11. August 2015 stürzte um 9.30 Uhr nahe dem Dörfchen Engelmannsreuth im Landkreis Bayreuth ein solcher F16-Kampfjet der US-Streitkräfte in ein Waldstück. Bildrechte: Wikilmages auf Pixabay 63028_1920