Mainz | analogo.de – Die Stickstoffdioxid-Werte (NO2) in Mainz wurden in den letzten Tagen regelmäßig auf eklatante Weise überschritten. Laut Informationen des Umweltbundesamtes wurde am 07. August 2016 sogar der 1-Stunden-Grenzwert von 200 µg pro m3 Luft überschritten. Der von der EU festgelegte Jahresgrenzwert liegt bei 40 µg pro m3. Zum Schutz der Vegetation ist gar der kritische Wert von 30 µg pro m3 festgelegt. Das sehr giftige Gas Stickstoffdioxid führt in zu hoher Konzentration zur Reizung und Schädigung der Atmungsorgane, zu Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen. Seine Verweildauer in der Atmosphäre liegt zwar nur bei zwei bis acht Tagen, in dieser Zeit kann das giftige Gas allerdings erheblichen Schaden anrichten. Zusammen mit Regenwasser bildet Stickstoffdioxid zudem die für den sauren Regen mitverantwortliche Salpetersäure. Über komplizierte chemische Abläufe ist NO2 wesentlich für die Entstehung des ebenfalls giftigen Bodenozons (O3) verantwortlich.
Neben dem Großraum von Johannesburg in Südafrika und einer großen Fläche in Nordchina gehört die Rhein-Main-Region zu den TOP4 NO2-Herden weltweit. Stickstoffdioxid wird zu rund 65% von Dieselfahrzeugen produziert. Während deutschlandweit die Zahl der Dieselautos steigt, erreichen die Grenzwerte der giftigen Stickoxide immer neue Höhen. Der Focus berichtete letztes Jahr im Sommer, dass der Innenstadt Mainz seitens der EU dasselbe Verbot für Dieselfahrzeuge droht wie der Stadt Wiesbaden.
Seit Jahren drücken sich die verantwortlichen Behörden wie die Stadtverwaltung, das Landesamt und das Umweltministerium vor effektiven Maßnahmen für die Stadt Mainz, um der hohen Stickoxid-Belastung Herr zu werden – auf Kosten der Gesundheit der Bewohner und Besucher von Mainz, aber auch der Nachbarstadt Wiesbaden. Obwohl die Stickstoffdioxidkonzentration ausgerechnet in den heißen Sommermonaten von Relevanz ist, verlegt die Stadtverwaltung stau-verursachende Baustellen in die beiden heißesten Monate Juli und August. Wer heute nachmittag über die Rheinallee oder Theodor-Heuss-Brücke fuhr, stand im Stau – wegen zwei Baustellen in Höhe des Römerschiffmuseums und am Brückenkopf.
Die EU verfolgt die Überschreitung der Grenzwerte der beiden Städte Mainz und Wiesbaden seit langem. Der Focus schreibt, aus den jährlichen Luftqualitätsberichten, die Deutschland der EU für die Jahre 2010 bis 2013 vorgelegt habe, gehe hervor, dass Deutschland dadurch gegen Artikel 13 der Richtlinie 2008/50/CE verstoßen hat, und dass es die geltenden NO2-Grenzwerte in den 29 aufgeführten Gebieten im Zeitraum 2010 bis einschließlich 2013 nicht eingehalten habe.
Am 09. März 2016 führte dann die Umweltschutz-Organisation Greenpeace zusammen mit Experten der Universität Heidelberg in Mainz NO2-Messungen an verschiedenen Stellen durch. Das Ergebnis: Wieder eine starke Überschreitung des Jahresgrenzwertes von 40 µg pro m3. Auf der Großen Bleiche wurden 85,7 μg / m³ gemessen, Am Linsenberg 64 µg / m³, auf der Rheinstraße 79,1 μg / m³ und auf der Freiligrathstraße 59,8 μg / m³.
Doch der gestern vom Umweltbundesamt veröffentlichte Wert für Mainz liegt um ein Vielfaches höher als die von Greenpeace gemessenene Werte zum Winterausklang: 200 μg / m³ wurden überschritten. Dieser für den Schutz der menschlichen Gesundheit definierte Grenzwert darf zwar als 1-Stunden-Grenzwert bis zu 18 mal pro Jahr erreicht werden, die Stadt Mainz war gestern aber deutschlandweit die einzige Stadt mit solch hohen Werten.
Die Entwicklung des Stickoxids nach 14 Uhr im Ablauf:
07.08.2016 14Uhr – 1h-Mittelwert: 130 – 160 μg/m³
07.08.2016 15Uhr – 1h-Mittelwert: > 200 μg/m³
07.08.2016 16Uhr – 1h-Mittelwert: > 200 μg/m³
07.08.2016 17Uhr – 1h-Mittelwert: 40-80 μg/m³ (eventueller Messfehler?)
07.08.2016 19Uhr – 1h-Mittelwert: > 120 μg/m³
07.08.2016 ab 21Uhr – deutschlandweit lag der 1h-Mittelwert nur noch in Stuttgart zwischen 120-160 μg/m³, derjenige von Mainz sinkt unter 100 μg/m³, liegt aber immer noch über 40 μg/m³.
analogo.de wird die Behörden befragen und im nächsten Beitrag weiter über die NO2-Belastung berichten. Auch werden wir auf den klimarelevanten NO-NO2-Zyklus eingehen, mit der teilweise auch der hohe Bodenozonwert der letzten Tage erklärt werden kann.
Finde derweil in unserem KATA LOGO Luft alle möglichen Grenzwerte für Luft: KATA LOGO Luft