Landtagswahl Rheinland-Pfalz: Legale Wählertäuschung der CDU

Mainz, Koblenz | analogo.de – Wählerinnen und Wähler werden in Anbetracht der bevorstehenden Landtagswahl in Rheinland-Pfalz auf CDU-Wahlplakaten auf legale Weise getäuscht. Die christliche Partei weist ihre Kandidatin Klöckner bereits als künftige Ministerpräsidentin aus. Der Wortlaut: „Julia Klöckner. Unsere neue Ministerpräsidentin.“ Trotz unklarer statistischer Wahrscheinlichkeiten, welche Person das Ministerpräsidentenamt ab April 2016 innehaben wird, will Landeswahlleiter Jörg Berres die CDU gewähren lassen. Eine Analyse von analogo.de.

Können Wähler solche suggestiven Informationen interpretieren? Wenn die entscheidende Frage zum Gewinn von Wahlen ist, ob man seiner Partei zutraut, dass genau sie die besten Lösungsvorschläge hat, kommt dann die eigene Wählermeinung auf legitime Weise zustande, wenn auf Wahlplakaten die Kandidatin bereits Titel und Krone trägt?

Auch bei dieser Landtagswahl werden Wählerinnen und Wähler ihr Wahlverhalten wieder personalisieren. Dem nüchternen Typus des „Rheinland-Pfälzers“ wird folglich auf rationalistische Weise suggeriert, dass es keine Alternative zur Merkel-Kumpanin Klöckner gibt. Auch aufgrund ihrer recht exponierten Position in der Bundes-CDU wundert es niemanden, dass die christliche Partei ihre Kandidatin als politische Autorität der Wahl anpreist. Der CDU fehlen schließlich die Alternativen. Von den restlichen TOP-Kandidaten der Partei fielen bisher eher weniger auf. Das Modell einer politischen Gemeinschaft kann die CDU ihren Wählern also nicht verkaufen.

Wenn die CDU mit dem Spruch „Julia Klöckner. Unsere neue Ministerpräsidentin“ fälschlicherweise suggeriert, dass es bei der Landtagswahl keine Alternative gibt, dann handelt es sich um eine Täuschung der Wähler. analogo.de wollte daher wissen, ob eine solche Werbung im demokratischen Sinne erlaubt ist. Das Resultat unserer Vorab-Recherche im Internet zeigt: Wer im Internet ausgiebig nach verbotener Wahlwerbung der CDU googelt, braucht sich an diesem Tag nichts anderes mehr vorzunehmen. So zahlreich sind die Funde verbotener CDU-Aktionen wie dieser.

Wir befragten Landeswahlleiter Berres, der wie folgt Stellung nimmt: Die Freiheit der Wahl bestimme, dass die Stimmberechtigten ihre Entscheidungsfindung sowie ihre Entscheidung selbst in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und treffen können. Die Stimmberechtigten sollen deshalb ohne physischen Zwang, psychischen Druck oder sonstige direkte oder indirekte unzulässige Beeinflussung der Willensfreiheit von außen ihre Entscheidung bilden und ihr Wahlrecht ausüben können.

Grundsätzlich sei ein Verstoß gegen die Wahlfreiheit durch private Personen möglich. Ein Verhalten sei dann aber unzulässig, wenn es einen besonderen Druck bei den Stimmberechtigten ausübe, der sich unausweichlich auf die freie Willensentscheidung auswirke. Dies gelte etwa dann, wenn die strafrechtlichen Grenzen der Wahlnötigung, der Wählertäuschung oder der Wählerbestechung überschritten werden.

Die in Rheinland-Pfalz aufgehängten Wahlplakate würden diese Grenze aber nicht erreichen, da es allgemein bekannt sei, dass am 13. März 2016 die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages gewählt würden, die wiederum die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten wählen.

Darüber hinaus sei für die mündige Bürgerschaft ersichtlich, dass unterschiedliche Kandidaten dieses Amt anstreben. Insoweit sei die Plakatierung eindeutig als Wahlkampfmittel erkennbar und übe keinen unzulässigen Druck auf die Entscheidungsfindung der Stimmberechtigten aus.

analogo.de meint: Im demokratischen Sinne darf also getäuscht werden. Aus der Werbung für Lebensmittel sind Wähler legale Täuschungen dieser Art gewöhnt. Die Organisation foodwatch hatte 2007 erstmals von „legaler Täuschung“ gesprochen und seitdem hartnäckig den alltäglichen Etikettenschwindel öffentlich kritisiert. Inzwischen hat die Politik reagiert und schaltete 2011 die Plattform lebensmittelklarheit.de online, auf der sich Verbraucher über irreführende Produkte beschweren können.

Was bei Lebensmitteln als Problem erkannt ist, wünscht man sich auch in der Politik. Insgesamt suggerieren die Wahlplakate, dass die CDU auch auf Landesebene den totalitären Alternativlos-Stil von Bundeskanzlerin Angela Merkel einführen wird.

Gewinnt Klöckner, brechen in Rheinland-Pfalz merkelistische Zeiten an. Die Beherrschten brauchen gar nicht mehr wählen zu gehen, denn die zukünftige Herrscherin steht ja fest.

Gewinnt Klöckner, brechen in Rheinland-Pfalz merkelistische Zeiten an. Bildrechte: janjf93 auf Pixabay 1698550_1280
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