Landau, Mainz | analogo.de – Nach dem politischen Embargo der SPD Rheinland-Pfalz gegen den Gegner AfD hat nun ein Politikverbot auch die zweitgrößte Universität von Rheinland-Pfalz ereilt. Die Universität vereitelte eine bereits zugesagte Informationsveranstaltung der verfassten Studierendenschaft zur bevorstehenden Landtagswahl in Rheinland-Pfalz.
Nachdem die Studierendenvertretung des ASTA die hochschulpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und CDU und zusätzlich die Sprecherin der Partei Die LINKE zu einer Informationsveranstaltung eingeladen hatte, vereitelte die Hochschule die lange im Voraus geplante Polit-Veranstaltung. Offizielle Begründung der Hochschulleitung: Obwohl der Veranstaltungsraum in den universitätsinternen Räumlichkeiten in der Bürgerstraße längerfristig geplant und zugesagt worden war, stehe für diese Art von Veranstaltungen nun kein Raum mehr zur Verfügung.
Politik in Rheinland-Pfalz im Jahre 2016: Auf Landesebene spricht die SPD ein Boykott gegen die AfD aus, indem Ministerpräsidentin Malu Dreyer jegliche Teilnahmen an Fernsehrunden mit dem politischen Gegner ablehnt, und ein universitärer Campus wird entpolitisiert. Brisant an der Absage ist, dass am Campus Landau der Universität die meisten Lehrerinnen und Lehrer des Landes Rheinland-Pfalz ausgebildet werden. Sollen sich unsere zukünftigen Lehrer an ihrer eigenen Hochschule keine politische Meinung mehr bilden dürfen?
Nach der überraschenden Absage der Universität beschwerten sich die frisch ausgeladenen Parteimitglieder beim Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (MBWWK). Staatssekretär Thomas Deufel reagierte ungehalten und das Ministerium zeigte sich höchst verwundert angesichts der neuen Avancen der Campusleitung unter Vizepräsident Prof. Dr. Ralf Schulz. Die konkrete Untersagung sei zwar von einem Mitarbeiter der Raumplanung erfolgt, aber dieser begründete seine Tat aufgrund einer geltenden internen Ansage.
Wurde die Veranstaltung etwa abgesagt, da man nach den jüngsten Bildungsprotesten politisches Wirken am Campus stärker einschränken wollte? Seit November 2015 ist der Campus Landau landunter, denn die Studierenden initiierten einen Bildungsstreik, dessen Töne seitdem weit über Landau in die ganze Republik schallen. Immer noch halten die Studierenden einen Raum an der Universität besetzt, um ihren Streikforderungen Nachdruck zu verleihen. Von Seiten der Studierenden ist man daher sehr sensibel, wenn das politische Streben am Campus wieder auf irgendeine Weise eingedämmt werden soll. Aufsehen erregte die Hochschulleitung auch in den Jahren 2013 und 2014, als sie mit Unterstützung von Dekanin Prof. Dr. Gabriele Schaumann repressive Zensurmaßnahmen gegen studentische Vertreter unternahm.
analogo.de wollte wissen, wie das Ministerium zu dem aktuellen Politikverbot steht. Der Pressesprecher des Ministeriums, Wolf-Jürgen Karle, teilte uns mit, dass es seit den 70er Jahren eine Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung gegeben hatte, nach der Abgeordnete und Parteien vor Wahlen nicht in staatlichen Einrichtungen wie Hochschulen Wahlkampf betreiben sollen, um sich neutral zu verhalten. Seit dem Jahr 2014 gelte aber eine Neufassung dieser Vereinbarung, nach der Studierendenvertreter*innen oder Schulvertreter*innen Abgeordnete und Parteien von sich aus in die Schulen und Hochschulen einladen dürften. Die Universität Landau hätte sich nicht an diese Neufassung gehalten.
Angesichts des offensichtlichen Rechtsbruchs würdigte die Universität Landau die aufklärenden Worte des Ministeriums, obwohl Hochschulen insgesamt autonom sind. Laut Aussage von Karle sei die Hochschule gewillt, in Zukunft wieder das geltende Recht anzuwenden. Auch wenn die Studierenden immer noch im Unklaren gelassen werden, ob sie seitens der Hochschulleitung in Zukunft politische Veranstaltungen organisieren können, weil von ihnen schlichtweg zu hohe Mietkosten für Räumlichkeiten verlangt werden.
Wie auch immer, aus zeitlichen Gründen ist es den hochschulpolitischen Sprechern der Parteien nicht mehr möglich, vor der Wahl mit den Landauer Studierenden in gemeinsamen Dialog zu treten. Zu eng gestaffelt seien die Terminanforderungen des Wahlkampfes, so die Vertreter. Daher kann sich die Hochschule Landau damit rühmen, eine Meinungsbildung erfolgreich vereitelt zu haben.
analogo.de meint: Der angeblich verantwortliche Mitarbeiter hätte sich zunächst erkundigen müssen, bevor er eine zuvor zugesagte Veranstaltung durch Entzug von Räumlichkeiten abblasen lässt. Und der verantwortliche Vizepräsident Schulz muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Mitarbeiter anscheinend nicht ordentlich informiert sind.
Die AfD wurde von den Studenten übrigens nicht eingeladen, auch wenn sie laut den neuesten Umfragen mit Sicherheit in den Landtag von Rheinland-Pfalz einziehen dürfte. Am Ende kommt von 100% relevanter Information zur politischen Realität nur der kleinste Bruchteil an die Oberfläche bzw. ins Realitätsempfinden der Bürgerinnen und Bürger von Rheinland-Pfalz.
SWR und Universität Koblenz-Landau: Gemeinsam schaffen sie das.