Klärschlammverbrennung Mainz – Droht ein Gestanksinferno wie in Pirmasens?

Mainz | analogo.de – Die in Umweltfragen engagierte Partei der Freien Wählergemeinschaft in Mainz (FW-G) befürchtet für die geplante Klärschlammverbrennungsanlage in Mainz-Mombach eine ähnliche Gestanksentwicklung wie bei der Klärschlammtrocknungsanlage in Pirmasens. Daher hat die Wählergemeinschaft zur kommenden Stadtratssitzung am 28. Juni 2017 eine Anfrage an die Stadtspitze formuliert. „Wir sind besorgt, dass die geplante Klärschlammverbrennungsanlage die Anwohner in Mombach ähnlich mit Gestank plagen wird wie in Pirmasens – oder gar stärker. Dort haben die Bürger allein schon von der Trocknung des Schlamms die Nase voll, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FW-G, Kurt Mehler.

Nach langer Planung und Probebetriebsphase in der Anlage Fehrbach nahmen die Pirmasenser Betreiber im November 2016 Abstand von ihren Plänen einer Monoverbrennung. Aufgrund enormer Gestanksentwicklung bei Anlagebetrieb hatte sich eine Bürgerinitiative formiert, die gegen den weiteren Betrieb protestierte. Die Betreiber hatten geplant den getrockneten Klärschlamm als Brennstoff weiterzuverwenden. Jetzt steht die teure Anlage still, und das trotz einer kostspieligen sowie nutzlosen Nachrüstung von 300.000 Euro, so Mehler.

Seit Jahren scheint die Bevölkerung des Mainzer Stadtteils Mombach den Gestank gepachtet zu haben. Viele Jahre waberten die unerträglichen Fäulnisgase der angrenzenden Budenheimer Müllkippe bei Westwind über den Stadtteil. Seit rund zehn Jahren verdecken die glatt-gemähten Rasenflächen eines 18-Loch-Meisterschafts-Golfplatzes Teile dieser ehemaligen Geruchsquelle. Von einer anderen Himmelsrichtung wird Mombach seit vielen Jahren mit den nitrosen Röstgasen des Schweizer Lebensmittelriesen Nestlé belästigt. Doch auch an der Nestléfront keimt Hoffnung auf Entlastung: Der Emittent Nestlé hat die aus Umweltsicht erfreuliche Schließung seiner Anlage in Mainz-Mombach angekündigt (wir berichteten).

Vielleicht weil sich die Stadtoberen sagten Mombach sei ein stetiges Gestanksniveau gewohnt, treibt die Stadtspitze um Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), Umwelt- und Energiedezernentin Katrin Eder (Bündnis90/Die Grünen) und den in Mombach geborenen Finanzdezernenten Günter Beck (Bündnis90/Die Grünen) die Ansiedelung der neuen Klärschlammverbrennungsanlage. Eine eigene Gesellschaft wurde gegründet. Doch zeigte sich in den letzten Monaten, dass der Baubeginn verschoben werden musste.

Seit einigen Jahren verbrennt die Stadt 6.000 Tonnen lokalen Klärschlamm pro Jahr. Alle zwei Jahre wird die Entsorgung neu ausgeschrieben. Die Kosten steigen stetig (u. a. für die Entwässerung). Im Juli 2014 hatte die SGD Süd das Projekt genehmigt. Die Gerichte machten später den beantragten Sofortvollzug möglich. Anfang 2016 waren die maschinentechnischen Komponenten ausgeschrieben worden; Ende 2016 sollte die Bautechnik dran sein. Der Baustart war dann ursprünglich für Frühjahr 2017 geplant, wonach die Anlage mit anberaumten 18 Monaten Bauzeit zum Ende 2018 betriebsbereit sein sollte. Dieser Zeitplan dürfte sich aller Voraussicht nach hinten verschieben.

Obwohl die verlautbarten Pläne Prozesssicherheit suggerieren, ist die politische Diskussion um die umstrittene Anlage nach wie vor aufgeheizt. Am morgigen Dienstag besichtigt der von Eleonore Lossen-Geißler (SPD) angeführte Ortsbeirat Mombach das Baugelände. Als der stellvertretende Stadtratsvorsitzende Kurt Mehler bat ebenfalls an dieser Begehung teilnehmen zu dürfen, wurde er nach einem Hin und Her wieder ausgeladen. Vielleicht schmeckt den Verantwortlichen nicht, dass die FW-G das Projekt im kritischen Licht sieht. Die Freien Wähler haben ihre Bedenken nicht nur zum Gestank, sondern dezidiert auch zur Finanzierung angemeldet. Einige im Vorfeld der Genehmigung verlautbarten Pluspunkte wie die Nebelkerze „Phosphor“ stellten sich im Nachhinein als nicht haltbar heraus. Pirmasens lässt grüßen.

„Wir fragen uns, wie viel Geld noch in eine Müllverwertungsmethode gepumpt werden soll, die offensichtlich stinkt? Denn in Mombach soll der Klärschlamm nicht nur getrocknet, sondern auch noch verbrannt werden. Die Anlieferung, Abladung und Trocknung stinkt ohnehin schon. Eine weitere „Duftwolke“ wird hinzukommen, führt Kurt Mehler aus. „Wir wollen daher ganz genau wissen, wie effektiv die Ablufteinheiten der Anlage konzipiert sind: Sind sie groß genug, sind genügend vorhanden, funktionieren sie auch bei Stromausfall? Können sich die Anwohner wirklich darauf verlassen, dass sie den Gestank restlos absorbieren? Das Pirmasens-Desaster darf sich nicht wiederholen. Die Klärschlammverbrennungsanlage in Mombach darf nicht zu einem Millionengrab werden.“

Wenn es zum Thema Klärschlammverbrennungsanlage Mainz eine echte Oppositionspartei gibt, dann scheint es die FW-G zu sein. Der ausgeladene Kurt Mehler bleibt jedenfalls dran. Die Betreiber der Anlage zeigen sich nun bereit die FW-G und die Bürgerinitiative am 30. Juni 2017 über das Gelände zu führen.

Das nordwestliche Mainz ist seit Jahren mit Gestanknoten aller Art konfrontiert. Bildrechte: Mohamed Hassan auf Pixabay 4265849_1280