Pfalzwerke verheimlichen Stromauskunft zu Ramstein Air Base

Ludwigshafen, Ramstein, Mainz | analogo.de – Der Stromlieferant Pfalzwerke AG verweigert die Aussage über die Menge gelieferten Stroms an den US-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein und steht damit vor einer Strafzahlung an das Land Rheinland-Pfalz von bis zu €10.000. Die zuständige Datenschutzbehörde unterstützt die Anfrage des Webportals analogo.de ebenso wie die NGO Transparency International Deutschland. Das Strommanagement in Rheinland-Pfalz könnte Auswirkungen auf die kommende Landtagswahl haben.

Der Unterhalt eines Luftwaffenstützpunktes bedarf einer großen Energiemenge. Da der steigende Energiehunger weltweit aber zu immer schlimmeren Klimakonsequenzen und in Rheinland-Pfalz zu immer mehr Windrädern führt, wollten wir als Portal für Umwelt, Politik, Science & Mainz wissen, welchen Anteil am produzierten Strom in kWh pro Jahr das US-Militär mit ihrer Ramstein Air Base nahe Kaiserslautern hat. Laut Spiegel-Berichten steuert das US-Militär seine weltweiten Drohneneinsätze von Ramstein aus. Da es sich bei dem Energiefaktor „Strom“ um eine umweltrelevante Auskunft handelt, baten wir die Pfalzwerke um Erteilung dieser Umweltinformation gemäß Landesumweltinformationsfreiheitsgesetz (LUIG). Mit Einführung des Landestransparenzgesetzes (LTranspG) zum 01.01.2016 fällt die Anfrage unter dieses Gesetz, da das LUIG ins LTranspG integriert wurde.

Konkret verweigern die Pfalzwerke seit Monaten die angefragte Umweltinformation. Transparency Deutschland unterstützt unser Auskunftsersuchen, um insgesamt mehr Transparenz in lokale politische Prozesse zu bringen. Das neue Transparenzgesetz von Rheinland-Pfalz sei dabei ein wichtiges Instrument, so die Leiterin AG Informationsfreiheit Dr. Heike Mayer von Transparency International Deutschland.

In Rheinland-Pfalz verbraucht der Konzern BASF ungefähr 70% des gesamten Strombedarfes. Die zahlreichen US-Militär-Stützpunkte wie Ramstein, Baumholder oder Spangdahlem dürften ebenfalls einen erheblichen Anteil Kilowattstunden im Land umsetzen. Nun verlangt der Klimawandel von der Gesellschaft veränderte Arten der Energienutzung. In Rheinland-Pfalz führte dieser Auftrag unter rot-grünem Strom-Management in der letzten Legislatur zu mehr Windrädern. Laut Umfragen könnten die Grünen bei der kommenden Landtagswahl auch Wählerstimmen verlieren, eben weil in Rheinland-Pfalz gefühlt zu viele Windräder stehen. Doch gebieten nicht zuletzt die internationalen Klimakonferenzen wie in Lima und Paris ein stärkeres Einsparen von Strom.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) und Transparency International Deutschland sind der Meinung, dass die Bürger ein Auskunftsrecht haben. Bei den Pfalzwerken wiederum hat Prokurist Gunther Wittig den Fall an sich gerissen. Die innerbetriebliche Aufregung zeigt sich in der Weise, wie Wittig gegenüber dem LfDI immer mehr Paragraphen bemüht, um nur das Geheimnis nicht lüften zu müssen. Das Bekanntwerden der Strommenge schade dem wirtschaftlichen Interesse als privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen in erheblichem Maße, da die Pfalzwerke AG in Konkurrenz mit anderen Wettbewerbern des freien Marktes stehen.

Neben dem üblichen Tenor organisations-privatisierter Firmen gegenüber bürgerlichen und journalistischen Auskunftsersuchen beruft sich der Stromlieferant auf Verschwiegenheitspflichten gegenüber den Amerikanern. Kollidiert hier womöglich deutsches Recht mit einer auf die Amerikaner zugeschnittenen Rechts-Nische? Transparency Deutschland findet die Argumentation der Pfalzwerke wenig überzeugend, dass es sich beim Stromverbrauch der Airbase Ramstein um ein Geschäftsgeheimnis handeln soll. Gemäß Transparenzgesetz würden Unternehmen dann ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung haben, wenn das Bekanntwerden der Information die Wettbewerbsposition eines Unternehmens schwächen oder dem Unternehmen Schaden zufügen könnte. Das sei hier aber nicht erkennbar, so Mayer.

Landesbehörden forcieren Einhaltung des Transparenzgesetzes

Die Pfalzwerke decken ihren Kunden, und nehmen dafür womöglich eine Geldbuße von €10.000 in Kauf. §21 des Landestransparenzgesetzes regelt diese neue Sanktionierungsmaßnahme. Würde dieser Betrag normalerweise von den zahlreichen Anteilseigner-Kommunen erhoben, wird in diesem Falle gemäß LfDI-Einschätzung die Aufsichtsbehörde des Innenministeriums den Akt vollziehen. Denn es ist absehbar, dass sich keine einzelne Kommune für das Thema zuständig fühlt.

Ein anderes Szenario könnte sich nach der Landtagswahl einstellen: Sollte die CDU mit Julia Klöckner die nächste Ministerpräsidentin stellen, können die Pfalzwerke und die Amerikaner womöglich durchatmen. Denn Klöckner hat angekündigt, das LTranspG einfrieren zu wollen, sofern sie am kommenden Wochenende an die Macht kommt. Dieser Schritt könnte konkret bedeuten, dass die Betreibung der Airbase zwar weiterhin große Auswirkungen auf Umwelt und Klimaziele hat, diese aber aus dem offiziellen Summenzettel gestrichen werden. Getreu dem gedachten Wahlslogan Tabu mit der CDU.

Doch noch regieren in Rheinland-Pfalz SPD und Bündnis90/Die Grünen. Also ließen die Pfalzwerke die Datenschutzbehörde wissen, man nehme mangels Versorgungsinfrastruktur weder öffentliche Aufgaben noch Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr und würde daher schweigen. Der LfDI wiederum antwortete, das neue TranspG binde den Transparenzverpflichteten nicht unbedingt an Leistungen der Daseinsvorsorge. Nach §3 des LTranspG unterfalle eine juristische Person des Privatrechts im Bereich des Zugangs zu Umweltinformationen dem Anwendungsbereich des Gesetzes, soweit sie öffentliche Aufgaben oder öffentliche Dienstleistungen erbringe und dabei der Kontrolle einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes  unterstehe. Und genau das ist ja der Fall.

Ob die Umweltauswirkungen der US-Airbase weiterhin tabu und somit offiziell nicht klima-relevant bleiben, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. Bei den Landtagswahlen wird daher auch entschieden, ob dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger von Rheinland-Pfalz an ihrer kommunalen Umwelt zukünftig ein institutionalisierter Riegel des Schweigens vorgeschoben wird. Bei einem Wahlsieg der CDU könnte dieser Fall einer der ersten und letzten erfolgreichen Umweltanfragen gewesen sein.

Die Macht des US-Militärs legt die deutsche Gesetzgebung ad acta. Bildrechte: TayebMEZAHDIA auf Pixabay 2054429_1920