Rheinland-Pfalz erteilt pauschalem Zugriff auf Vorratsdaten klare Absage

Mainz, Berlin | analogo.de – Das rheinland-pfälzische Justizministerium lehnt den geforderten pauschalen Zugriff des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern auf gespeicherte Vorratsdaten ab. Dies geht aus einer aktuellen Pressemeldung des Ministeriums hervor. Justizstaatssekretär Philipp Fernis erklärte heute, die Forderungen der „Berliner Erklärung“ der Innenminister und Innensenatoren von CDU/CSU zur Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung seien die falschen Maßnahmen.

„Die Terroranschläge der letzten Zeit erschüttern uns alle zutiefst. Dies darf aber nicht dazu führen, dass wir uns freiwillig zu einem Überwachungsstaat  entwickeln, der die Bürgerinnen und Bürger durch umfassende Überwachung in Ihren Grund- und Freiheitsrechten einschränkt“, so Fernis.

Süffisant an der Erklärung ist, dass das rheinland-pfälzische Justizministerium die erst kürzlich in Kraft getretenen Regelungen der Vorratsdatenspeicherung generell als gravierenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betiteln. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im April 2014 eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt. CDU/CSU spielen seitdem verfassungsrechtliches Pingpong mit Gerichten, Exekutivorganen und der Bevölkerung.

Mit einer verschärften Vorratsdatenspeicherung würde die Bevölkerung effektiv überwacht werden (können); die Erhebung der Daten käme einer vorsorglichen Verhaltensaufzeichnung gleich. Eine Speicherung der Daten auf sechs Monate würde in gewisser Weise die Arbeitsfähigkeit der ostdeutschen Staatssicherheit (Stasi) in den Schatten stellen. Dennoch halten CDU/CSU an den Gesetzesverschärfungen mit aller Kraft fest. 

Rheinland-Pfalz hebt nun mit seiner klaren Aussage das Schwert der Gerechtigkeit. Der Justizstaatssekretär betont, bei der Regelung staatlicher Überwachungsmaßnahmen habe immer eine Abwägung der drohenden Nachteile für den Einzelnen gegenüber den Nachteilen für das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung zu erfolgen. Die ohnehin schwierige Balance drohe durch die neuen Forderungen aus dem Gleichgewicht zu geraten. Dies gilt insbesondere für die Ausweitung der Speicherfrist von 10 Wochen auf 6 Monate ohne empirischen Beleg dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung überhaupt in erheblichem Umfang zur Kriminalitätsbekämpfung beitragen würde; ebenso für die erhebliche Ausweitung der Zugriffsrechte auf die gespeicherten Daten.

Der Mann im zweithöchsten Justizamt in Rheinland-Pfalz schließt mit einer klaren Kampfansage an seine Innenministerkollegen in den anderen Bundesländern: „Den geforderten pauschalen Zugriff des BKA und der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern auf gespeicherte Vorratsdaten lehnen wir [darüber hinaus] schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ab.“

Das Justizministerium Rheinland-Pfalz macht sich Gedanken über die Vorratsdatenspeicherung. Bildrechte: User12019 auf Pixabay 166710_1920
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