Berlin | analogo.de – Die Angst vor Überfremdung nimmt in Deutschland schlagartig zu und eine erhebliche Verantwortung dafür tragen die Behörden. Denn sie führen hunderte unterschiedliche Statistiken, aus denen keine eindeutigen Zahlen hervorgehen wie viele Ausländer tatsächlich in Deutschland leben. Nachrichten von zwei Millionen Zuwanderern in den letzten 12 Monaten mischen sich mit hunderten anderen Zahlen. Die Unübersichtlichkeit der tatsächlichen Anzahl aller augenblicklichen Bewohner Deutschlands schürt Radikalisierungen und politisches Chaos. Sinnbild der Unübersichtlichkeit ist unsere Anfrage bei der Pressestelle des Bundesinnenministerium (BMI), dessen Pressesprecher keine Zahlen zur Verfügung hatte, wie viele Menschen im Jahre 2016 via Abschiebung des Landes verwiesen wurden. Wir fanden die Zahl auf der Internetseite der Partei DIE LINKE, die dort als Ergebnis einer Kleinen Anfrage vorliegt.
analogo.de machte sich zum Rechercheziel, wie viele Ausländer tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Deutschland leben. Eines sei vorab gesagt: Die Zahlen mussten wir uns von etlichen Quellen besorgen, die wir allesamt in unserer Übersicht KATA LOGO Politik – Deutschland – Bevölkerung angegeben haben. Als Besonderheit unserer Recherche steht also die Zusammenführung einer Unmenge an Zahlen aus vielen verschiedenen Statistiken heraus – auch wenn sich Monats- und Jahreszahlen gering unterscheiden. Das Gesamtbild bleibt aussagekräftig. Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit haben wir bewusst aus der Statistik genommen, da die Daten ansonsten noch weniger aussagekräftig wären.
Zwecks Überschaubarkeit veröffentlichen wir die Zahlen in unserer neuen Serie Ausländer in Deutschland – Die Zahlen. Beginnen wollen wir mit der größten Personengruppe mit Migrationshintergrund, unserer Russland- und Türkeistämmigen Bevölkerung. Hier unser Recherche-Ergebnis:
Von 81.800.000 Einwohnern Deutschlands zum 30. September 2015 hatten 16.400.000 einen Migrationshintergrund. Das entspricht einer Quote von 20 Prozent. Einen deutschen Pass hatten insgesamt 72.692.107 (88,9 %), während 9.107.893 (11,1 %) als Ausländer in Deutschland lebten. Hinzu kommt das große Heer von Asylanten seit Oktober 2015, auf die wir in einem späteren Teil der Serie eingehen.
Von allen 16.400.000 mit Migrationshintergrund stellen die Russlandstämmigen die größte Gruppe. Nach der Wende zogen einige Millionen Menschen aus den Teilrepubliken der UdSSR nach Deutschland. Staatssekretär Waffenschmidt (CDU) holte nach 1990 unter Kanzler Helmut Kohl über fünf Millionen Russlandstämmige nach Deutschland. Es war ein Zugeständnis, welches Michail Sergejewitsch Gorbatschow als Staatspräsident der Sowjetunion den Deutschen abgerungen hatte, um der Wiedervereinigung Deutschlands zuzustimmen.
Mit 3.099.000 stellen die Russlandstämmigen 18,9 % aller Bewohner mit Migrationshintergrund – fast jeden Fünften. Und 921.000 Kasachstanstämmige stellen 5,6 % aller Bewohner mit Migrationshintergrund in Deutschland. Dabei erscheint die Zahl ausländischer Russen, also Bewohner mit russischem Pass gering: Am 31.12.2015 lebten nur 230.994 Russen in Deutschland. Insgesamt lebten zum 31.12.215 133.774 registrierte Ukrainer in Deutschland.
Die nächstgrößte Gruppe der 16.400.000 Personen mit Migrationshintergrund machen die Menschen mit familiärem Bezug zur Türkei aus. Ende 2014 lebten 2.859.000 Türkeistämmige in Deutschland. Dies sind 17,4% aller Personen mit Migrationshintergrund, also noch weniger als die Russlandstämmigen. 2.859.000 entspricht ungefähr der vereinten Bevölkerung der Städte Hamburg und Köln.
Die absolute Anzahl von Türkeistämmigen ist jedoch größer, weil zwischen 1990 und 2012 905.629 Türkeistämmige in die Türkei zurückzogen. 2015 lebten 1.506.113 Deutsch-Türken, also Menschen mit türkischem Pass (Stand 2015) in Deutschland. Dies entspricht 16,5 % aller Ausländer.
Der Saldo zwischen Türkeistämmigen und ausländischen Türken ergibt mit 1.352.887 Personen die Zahl der Türk-Deutschen, also der Türkeistämmigen Bewohner Deutschlands mit deutschem Pass. Diese zählen offiziell nicht zu den Ausländern, auch wenn sie oftmals in einer Parallelkultur leben, indem sie sich zum Beispiel nur in türkischen Kontexten bewegen.
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Die Turkvölker kamen ursprünglich aus den Steppen Nordchinas und des östlichen Zentralasiens, bevor sie die Region der Türkei eroberten. In den letzten 50 Jahren zogen Türken weiter Richtung Westen, was seit der Wende auch Russen tun. Es waren meist deutschstämmige Russen, die vor 1990 in den russischen Republiken wie Usbekistan wohnten. Ein paar hundert Jahre zuvor hatten hier noch Türken gewohnt. Heute wohnen beide in Deutschland. – Vier Minarette wie bei dieser Chor-Minor-Moschee in Usbekistan ist für türkische Moscheen der Normalzustand, in Usbekistan ansonsten die Ausnahme. Der Herausgeber von analogo.de besuchte diese Moschee persönlich. Bildrechte: LoggaWiggler auf Pixabay 198699_1920