DIE LINKE Rheinland-Pfalz bemängelt schlechte Studienbedingungen

Mainz | analogo.de – DIE LINKE in Rheinland-Pfalz will im Frühjahr 2016 zum ersten Mal in den Landtag gewählt werden. Umfragen zufolge sollte dies gelingen. Was kommt da auf die Bürger in Bezug auf die Bildungspolitik zu? Angesichts der aktuellen Bildungsstreiks an der Universität Landau und Solidaritätsbekundungen der anderen Universitäten im Land stellt die oft zerstrittene Partei ihre Position in zwei Stellungnahmen dar.

Kathrin Meß ist Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen LINKEN für die Landtagswahl 2016. Meß gibt sich kämpferisch und sozial: „Prekäre Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovierender ist schon lange ein Problem an Universitäten. Unter den Zuständen, die von den Studierenden nun angeprangert werden, leiden nicht nur die Betroffenen selbst, sondern letztlich auch die Qualität von Lehre und Forschung. Ich freue mich, dass sich die Studierenden solidarisch mit ihren DozentInnen zeigen, die häufig in prekarisierten Verhältnissen leben müssen.“

Vielleicht zeigt sich Meß solidarisch, weil sie selber an einer Universität doziert und ähnliche Probleme kennt. Obwohl es im aktuellen Bildungsstreik im Kern um die Probleme der Studenten geht, hat DIE LINKE zunächst die akademischen Mitarbeiter im Fokus: „Als LINKE fordern wir Dauerstellen für Daueraufgaben. Befristungen, die für die meisten AkademikerInnen zur Regel gemacht worden sind, müssen endlich unbefristeten Arbeitsverträgen weichen. Zudem bedarf es einer tarifvertraglichen Regelung und einer gewerkschaftlichen Vertretung studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte, welche immer noch nicht nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Nur so kann faire Entlohnung der ArbeitnehmerInnen gesichert werden.“

Doch dann erwacht die solidarische Seele für die Studenten. Julian Theiß, Kandidat der LINKEN auf Listenplatz 4 dazu: „Überfüllte Hörsäle sind zum Symbol der unzureichenden Hochschulpolitik des Landes geworden. In diesem Klima ist effektives Lernen und Forschen kaum möglich. Der Ausblick auf das kommende Studium ist durch diese Zustände bei vielen AbiturientInnen mittlerweile mit Sorgen verbunden.“ Der Abiturient aus Kaiserslautern weiter: „Das Land muss endlich in die Pflicht genommen werden und den Hochschulen genug Geld zur Sicherung eines angemessenen Standards zur Verfügung stellen. Heute kann sich kaum eine Universität leisten, auf Sponsoring oder Spenden aus der Privatwirtschaft zu verzichten. Forschung dient deshalb viel zu oft wirtschaftlichen Interessen und nicht dem Erkenntnisgewinn.“

Die Partei mit der Herzblut-Farbe im Logo freut sich auf den Einzug in den Landtag. Kathrin Meß kündigt folgende Agenda an: „Nach der Wahl am 13. März 2016 wird sich die Landesregierung einige Fragen zu ihrer Hochschulpolitik gefallen lassen müssen. Die Linksfraktion wird Themen wie die Zivilklausel, also die Selbstverpflichtung, Forschung und Lehre nur für friedliche und zivile Zwecke zu betreiben, auf die Agenda setzen, genauso wie verschultes Studieren als Folge der Bologna-Reform und die Ausbeutung der Akademikerinnen und Akademiker.“

Jochen Bülow, Spitzenkandidat der LINKEN für die Landtagswahl am 13. März, kritisiert ferner, dass Rheinland Pfalz als Studienort schlicht und einfach nicht attraktiv sei. Kathrin Meß ergänzt, laut Bildungsmonitor 2014 liege Rheinland-Pfalz beim Betreuungsverhältnis (Anzahl Studierende / Anzahl Lehrkörper) auf dem vorletzten Platz. Und bei der Forschungsorientierung sei Rheinland-Pfalz das Schlusslicht auf Platz 16 im Bundesvergleich: Promotionsquote Platz 14, Habilitationsnachwuchs Platz 15, Drittmittelquote Platz 16.

Jochen Bülow fasst zusammen: „Die Zahlen sprechen für sich – einerseits schlechte Studienvoraussetzungen durch mangelnde Förderung und Stellenkürzungen, andererseits ein teures Umfeld in den Hochschulstädten, die die Studierenden als „Markt“ für sich entdeckt haben. Ob SPD, Grüne oder CDU – gerade im Hochschulsystem offenbart sich die gewollte Bildungsungleichheit unserer strukturkonservativen Eliten. Jeder Studienanfänger muss sich ernsthaft fragen, ob er diese Bedingungen für sich und seine Zukunftsplanung möchte oder nicht. Eines ist sicher: Im nächsten Landtag wird es ohne eine tatkräftige linke Opposition nicht gehen, wenn sich diese Verhältnisse nachhaltig ändern sollen.“

DIE LINKE mit einer Kampfansage. Aus Berlin schaltet sich auch die bildungspolitische Sprecherin Nicole Gohlke (MdB) in die Diskussion ein. Über Twitter zeigt sie sich mit den streikenden Studenten aus Landau solidarisch. Gohlke ist Mitglied im ständigen Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

analogo.de befragte DIE LINKE auch in Bezug auf Bildungschancen für deutsche Studentinnen im Gegensatz zum Studium ausländischer Studierender mit hoher Zahlungskraft. Während an der Universität Landau ein bemerkenswerter Teil der Studenten z. B. im Fach Umweltwissenschaften an den hohen Anforderungen der Hochschule scheitert, generiert die Universität einige Millionen Euro an zusätzlichen „Mitteln“, indem sie 100 zahlende Master-Studierende aus allen Kontinenten anwirbt. Diese Studierende zahlen der Landauer Universität eine im Vergleich zu etwa britischen Universitäten geringe Summe, um ihren Master zu machen und kehren meistens in ihr Heimatland zurück. Dabei ist aus Landauer Dozentenkreisen zu hören, dass die Bachelor-Qualifikation z. B. von asiatischen Studierenden, die nicht über ein Stipendium nach Deutschland kommen, häufig geringer ist als diejenige des heimischen Campus.

Leider nahm DIE LINKE hierzu keine Stellung. Hat die Partei zu solchen Fragen keine Antworten? Keine Stellung zu einem Thema zu nehmen, bedeutet zumeist, die Umstände so belassen zu wollen, wie sie sind. Die Partei wird sich daran messen lassen müssen, wie sehr sie sich tatsächlich für mehr Bildungsgleichheit einsetzt und von der Politik der „strukturkonservativen Eliten“ abgrenzt.

Heute streiken die Studenten in Mainz. Über 40 Universitäten in Deutschland verfolgen die Dynamiken, die Ende November von der Uni Landau ausgingen. Doch haben die Diskussionen vor drei Wochen erst angefangen. Es scheint, dass sich DIE LINKE noch kein detaillierteres Bild der Kernprobleme an rheinland-pfälzischen Hochschulen gemacht hat.

analogo.de meint: Will die Partei eine vertrauenserweckende Bildungspolitik verkaufen, muss sie tiefer in die Themen einsteigen und sich mit konkreten Lösungen positionieren. Die Forderung, dass das Land endlich in die Pflicht genommen werden müsse, verbunden mit dem lapidaren Geschrei nach mehr Geld ist ein bisschen wenig Inhalt für eine Partei, die die 10%-Marke anstrebt.

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