Mainz | analogo.de – Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat diese Woche alle Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags erneut zum Schulterschluss aufgerufen, um die Hürden für direktdemokratische Verfahren auf Landesebene zu senken. Der Appell richtet sich unausgesprochen an die CDU mit ihrer Vorsitzenden Julia Klöckner, die ankündigte die jahrelangen gemeinsamen Verhandlungen verlassen zu wollen. Die parteilose Bürgerrechts-Organisation Mehr Demokratie e. V. wirft Julia Klöckner sogar vor, aktiv Volksentscheide in Rheinland-Pfalz zu verhindern und ruft daher alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf Frau Klöckners politische Kapriolen zu beenden. Unterschreiben kann man hier.
Bei der Fachtagung „Politik mit Bürgern – Politik für Bürger. Praxis und Perspektiven einer neuen Beteiligungskultur“ teilte die Ministerpräsidentin gestern mit: „Die Menschen wollen mehr und vor allem direkter an politischen Entscheidungen beteiligt werden. Die Absenkung der Quoren für Volksbegehren und Volksentscheide wäre ein starkes Signal für mehr Demokratie“. Ferner sei ihr Ziel, im Gespräch mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen die dafür notwendige verfassungsändernde Mehrheit zu erreichen. „Lassen Sie uns gemeinsam diesen längst überfälligen Schritt zur Stärkung unserer Demokratie gehen.“
Rund 150 Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunal- und Landespolitik, aus zivilgesellschaftlichen Netzwerken sowie aus Wissenschaft und Forschung waren der Einladung der Ministerpräsidentin zu dieser Fachtagung gefolgt, die in Kooperation mit dem Institut für Sozialwissenschaften der Universität Koblenz-Landau durchgeführt wurde. Sie knüpfte unmittelbar an die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ an, die vom rheinland-pfälzischen Landtag eingesetzt worden war. Ziel der Fachtagung war es, wissenschaftliche Analysen mit praktischen Erfahrungsberichten zu verbinden.
Malu Dreyer unterstrich, dass die Landesregierung in den vergangenen zehn Jahren zu den verschiedensten Themen neue Verfahren der Bürgerbeteiligung erprobt habe. „Wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass ernst gemeinte und methodisch gut umgesetzte Beteiligung dazu beiträgt, politische Entscheidungen besser, nachvollziehbarer und nachhaltiger zu machen“, so die Ministerpräsidentin. Sie hob als jüngstes Beispiel das Beteiligungsverfahren zum Transparenzgesetz hervor, bei dem zahlreiche Hinweise und Empfehlungen aufgegriffen wurden.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer würdigte zudem die Arbeit der Enquetekommission, die sich engagiert und fundiert mit der Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung in Rheinland-Pfalz auseinandergesetzt habe. Die Landesregierung habe sich mit den Empfehlungen intensiv auseinandergesetzt und die dringlichsten Anliegen und Aufgaben in einem Fahrplan Bürgerbeteiligung im Januar der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser reiche von der Stärkung der Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche über die Qualifizierung von Entscheidungsträgern, die bessere Nutzung neuer Medien und die Senkung der Hürden direktdemokratischer Beteiligung bis hin zum Transparenzgesetz, das die Entscheidungen von Politik und Verwaltung nachvollziehbarer machen soll.
Hierbei ist zu bedenken, dass das Transparenzgesetz nur für Landesverwaltungen gelten soll. Kommunen und Städte soll die Pflicht zur Transparenz nicht auferlegt werden, denn diese sperren sich genau wie die rheinland-pfälzischen Hochschulen.
Hochschulen werden zum großen Teil von der Privatwirtschaft bezahlt. Man nennt diese Gelder „Drittmittel“, weil sie nicht aus öffentlichen Landesmitteln stammen. Die Geber dieser Drittmittel machen wiederum Druck auf die Hochschulen, den Hintergrund ihrer Finanzierung nicht preiszugeben. Seit kurzem steht die jemals höchste Hochschul-Finanzierung einer deutschen Universität durch einen Konzern im Fokus: Der zu Mainz nahegelegene Chemie-Gigant Boehringer finanziert die JGU Mainz mit ca. 50 Millionen Euro.
In welche Richtung an dieser Universität in den nächsten Jahren naturwissenschaftliche Forschung und Bildung gehen, schaue man sich auf der Webseite des Konzerns an. Denn über das Transparenzgesetz werden Hochschulen nicht zur Offenlegung verpflichtet.