Leugnung von Zensur an Universität Landau

Landau/Pfalz | analogo.de – Die Hochschulleitung der Universität Landau will keine Zensur gegen studentische Gremienvertreter verübt haben, so Hochschulpräsident Prof. Dr. Heiligenthal im Pfalz-Express Anfang April 2014.

Im selben Stile wie Bundeskanzlerin Merkel Erdogans Abschalten von Twitter nicht als Zensur bezeichnen will, redet Heiligenthal um den heißen Brei herum. Laut Wikipedia ist Zensur „ein politisches Verfahren, um vermittelte Inhalte zu kontrollieren, unerwünschte beziehungsweise Gesetzen zuwiderlaufende Inhalte zu unterdrücken und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass nur erwünschte Inhalte veröffentlicht oder ausgetauscht werden.“ Zensur wird in totalitären Staaten wie der ehemaligen UdSSR angewendet, und spätestens seit Mitte 2013 auch an der Hochschule Landau.

Laut Regularien und Webseite des Rechenzentrums dürfen studentische Gremien-Vertreter Rundmails verschicken. Wie Sebastian Schecker vom Rechtsreferat der Hochschule schrieb, geschehen nach dem Versenden „personenbezogene“ Kontrollen der Rundmails. Steht man auf dem Index des Rechenzentrums, wird jedes Wort geprüft. Mittlerweile gilt selbst die Unschuldsvermutung nicht mehr. Bei „Zweifeln“ reicht das Rechenzentrum die Mail an den Vizepräsidenten Prof. Schulz weiter, der die Entscheidung gerne ans Rechtsreferat weitergibt.

Präsident Heiligenthal und das Dekanat des Fachbereichs 7 fordern aber, dass über 1.700 Studierende monatlich nach jeder Sitzung ins Dekanat kommen sollen (bzw. dürfen), um dort Protokolleinsicht zu halten in die Änderungen von Prüfungsordnungen und anderen wichtigen Themen. Fachbereichs-übergreifend Studierende, die z. B. über den Zweifach-Bachelor je im Fachbereich 6 und 7 studieren, sollen die Neuerungen am besten erst gar nicht erfahren. Das ist mittelalterliche Informationspolitik und Gegenstand der aktuellen Kritik des Bildungsministeriums, Abteilungsleitung 5 in Mainz.

Nun blockiert die Hochschulleitung seit Jahren die Einrichtung einer technischen Plattform, und schreibt im Pfalz-Express vom 31.03., dass sie an einer technischen Lösung arbeiten. Dies also bereits seit über 18 Monaten, ganz als ob es erst seit jetzt Informationsrechte von Studierenden gibt. Fakt ist, dass die Hochschulleitung das Transparenzgebot von öffentlichen Beschlüssen unterminiert: Ein eklatantes Vollzugsdefizit von vorgeschriebener Öffentlichkeit verwalterischer Handlungen, die Studierenden zum Nachteil gereicht.

Transparenz soll das Kontrollrecht bei der universitären Selbstverwaltung, die Integrationsfähigkeit und das Bewusstsein für Öffentlichkeit für Studierende sicherstellen. Kurzum: Studierende haben das Recht zur Anteilnahme an der Selbstverwaltung der Universität. Es darf keine Glückssache bleiben, ob man gar durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder durch Teilnahme an der richtigen Facebook-Gruppe von einer wichtigen Verschärfung der letzten Prüfungsordnung hört.

Laut Rheinland-Pfälzischem Hochschulgesetz tagen Fachbereichsräte fachbereichs-öffentlich. Einige Rechtsgelehrten behaupten, die Tagung sei fachbereichs-öffentlich, die Infos dürfen aber auch ohne gesonderten Beschluss jenseits der Fachbereiche gelangen. Sofern Protokolle in elektronischer Form vorliegen, gehe man in der Rechtsprechung davon aus, so der Datenschutzbeauftragte von RLP, dass sie weitergegeben werden. Das Hochschulgesetz umfasst aber nicht die Aussage, dass die Informationen fachbereichs-öffentlich bleiben müssen. An den meisten deutschen Universitäten ist es gängige Praxis, dass Informationen aus den wichtigen Fachbereichsräten hochschul-öffentlich sind. Dies bestätigte u. a. der alte Vorsitzende der fzs (Freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften), Erik Marquardt.

Auch die Behauptung von Heiligenthal, dass das Abstimmungsverhalten oder die Kommentierung der Sitzungsverläufe Persönlichkeitsrechte verletzt, muss stark angezweifelt werden. Das Gegenteil ist richtig, denn Gremienvertreter haben ein öffentliches Amt inne und treten nicht als Privatpersonen auf. Dies sei veranschaulicht an der Tatsache, dass eine etwaige Klage gegen die Hochschule am Verwaltungsgericht verhandelt werden müsste.

Heutzutage gewinnt man nur das Vertrauen der Menschen, wenn man im politischen Gestalten möglichst transparent handelt. Dies wird vorbildlich im Deutschen Bundestag oder in diversen Landtagen gelebt, wo teils zeitgleich zum Zeitpunkt der Abstimmung und zumindest im Nachhinein das persönliche Abstimmungsverhalten der demokratischen Vertreter protokolliert und somit nachlesbar gestellt wird (siehe u. a. auf abgeordnetenwatch). Als Gegenargument für Transparenz hört man, dass die Öffentlichkeit von Abstimmungen zu Geheimabstimmungen führen würde. Dies wäre aber ein nur weiterer Schritt in den Vertrauensverlust der Menschen (hier: Studierende) in die Politik (hier: FBR-Mitglieder). Schon jetzt werden entscheidende Vorgaben, die in FBR-Sitzungen zur Abstimmung kommen, in meist nicht-öffentlich tagenden Ausschüssen quasi geheim verfasst und vorbeschlossen. So werden Fakten geschaffen und die Grundidee von partizipativer Demokratie ausgehöhlt. Partizipation will dabei insbesondere die Effektivität der getroffenen Entscheidungen optimieren und – wie bereits erwähnt Legitimität und Emanzipation fördern.

Die Studierenden vom Campus Landau fordern ihre Rechte auf Meinungsfreiheit ein und stehen auf gegen Zensur am Campus Landau! Die Fehler aus der Diskussion um Atomkraftwerke sollten wir nicht noch einmal begehen, denn hier geht es um die Frage: „Wurden und werden Informationen über Risiken überhaupt weitergegeben – und wenn ja richtig weitergegeben?

Leugnung von Zensur an Universität Landau. Bildrechte: Alexas_Fotos auf Pixabay 675119_1920
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