Mainz | analogo.de – Den Wagen mal eben am Straßenrand abstellen um in der Bäckerei ein paar Brötchen zu holen? 10 Minuten zu parken um in der ADAC-Filiale etwas abzugeben? Das geht in der Stadt Mainz in Zukunft nicht mehr – zumindest in der innerstädtischen Großen Langgasse in nur noch reduziertem Umfang. Wie Verkehrs- und Umweltdezernentin Katrin Eder (Bündnis90/Die Grünen) vorgestern auf dem Diesel-Symposium im Rathaus mitteilte, wird die Stadtverwaltung in absehbarer Zeit weitere Parkflächen auf der Großen Langgasse streichen. SPD, FDP und Grüne wollen damit den Schadstoffausstoß herumfahrender Autos in der stark belasteten Innenstadt senken. Tatsächlich verlagert die Stadt das Duo aus giftigem Stickstoffdioxid (NO2) und Stellplätzen lediglich von der Straße in die Parkhäuser.
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Eder traf diese Aussage, als die meisten Vertreter der Presse bereits gegangen waren. „Die Presse ist ja glücklicherweise jetzt gegangen“, so Eder. Die von ihrer Sache überzeugte Grüne tröstete die anwesenden dreißig Gäste des Symposiums, dass die Parkgebühren in den Parkhäusern in der ersten halben Stunde wenistens geringer seien als auf der Straße. Tatsächlich sparen Parker in den ersten 30 Minuten ganze 20 Cents: Zahlen sie auf der Großen Langgasse für 30 Minuten einen vollen Euro, sind es im Parkhaus 80 Cents. Dafür müssen die Mainzer Bürger und Bürgerinnen sowie Besucher oft das halbe Parkhaus abfahren um einen der engen Stellplätze zu finden. Parker erleiden dadurch nicht nur einen Zeitverlust zum immediaten Parken auf der Straße, sondern sind nach dem Verlassen des Autos auch noch gezwungen die gesundheitsschädlichen Abgase der in Mainz schlecht belüfteten Parkhäuser einzuatmen.
Die Atemluft in der Mainzer Innenstadt ist also schlecht – in den Parkhäusern sowie auf der Straße. Denn seit vielen Jahren sind die Konzentrationen des sehr giftigen Atemgases NO2 an zu vielen Messstellen in der Stadt auf einem Niveau über den erlaubten 40 Mikrogramm. Das Verwaltungsgericht in Mainz steht kurz vor der Rechtsprechung, um über die seit Jahren unwirksamen Maßnahmen von Stadtverwaltung und Land zu richten. Obwohl die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Stadt Wiesbaden vor vier Jahren eine Umweltzone eingerichtet hat, und auch viele weitere Maßnahmen eingeleitet hat, sieht sie sich von EU, Deutscher Umwelthilfe (DUH) und Presse an den Pranger gestellt. Dabei, so Eder, seien die hohen Konzentrationen von NO2 vor allem den betrügerischen Automobilherstellern zu verdanken, die in ihren Autos Vorrichtungen eingebaut haben, die die eigentlich vorgeschriebene Abgasreinigung beendet bzw. reduziert.
Eder wollte aber nicht lamentieren und kündigte am Montag ein neues Parkleitsystem in der Stadt an. Das Opfern von Stellplätzen im öffentlichen Raum gehöre zum Masterplan Green City. Am Montagabend wurden also Zukunftsszenarien erläutert, in denen abgasreinigungs-manipulierte Autos bis ins Parkhaus fahren um nur dort zu stinken: Eine Verlagerung des Gases bzw. der Problematik. Immerhin misst das Landesamt für Umwelt die Stickstoffdioxid-Konzentrationen nicht in Parkhäusern, so dass die grüne Umweltplanung auch nicht mit Konsequenzen vor den Mainzer Gerichten zu rechnen glaubt. Dass die NO2-Konzentrationen in den Parkhäusern aber weitaus höher sind als etwa auf der luftigen Großen Langgasse, dürfte Gegenstand neuer Diskussionen werden. Zum Schluss betonte Eder ihr läge viel am Gesundheitsschutz der Menschen. Ob dieser Gesundheitsschutz durch eine weitere fragwürdige Maßnahme gewährleistet ist, muss – nach vielen Jahren vergeblicher Maßnahmen – stark angezweifelt werden.
Zweifelhaft ist die Verlagerung von Stellplätzen auf der langen Gasse auch in anderer Sicht: Die Attraktivität der stark frequentierten Straße hat unter Rot/Grün/Gelb enorm abgenommen. Das zuvor attraktive Residenz-Kino schloß ebenso wie viele Geschäfte auf der Straße. Tatsächlich ist sie im wahrsten Sinne des Wortes „heruntergekommen“. Nun wird die Stadtverwaltung unter Leitung von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) dieser Straße den kommerziellen Todesstoß versetzen. Vor vier Wochen berichtete der Merkurist durch den Abriss des Residenzkinos und die einjährige Umgestaltung der Großen Langgasse sehe ein ansässiger Händler „schwere Zeiten“ auf die Händler zukommen.