Staatsanwaltschaften RLP haben Ordnungswidrigkeiten im Griff – 10.000 Verkehrsdelikte

Mainz | analogo.de – Rund neunzig Prozent aller Ordnungswidrigkeitsverfahren, die im Jahre 2015 in Rheinland-Pfalz vor Amtsgerichten ausgefochten wurden, waren im Straßenverkehr begangene Ordnungswidrigkeitsverfahren. Die Amtsgerichte erledigten insgesamt 11.451 Bußgeldverfahren, von denen 10.238 den Straßenverkehr zum Thema hatten. Dies teilte uns das Statistische Landesamt in Bad Ems mit.

Im Rahmen der im Landesamt erstellten Justizstatistiken werden allerdings nur Daten über den Geschäftsanfall bei den Justizbehörden erfragt. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist laut Statistischem Landesamt gemäß § 35 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) grundsätzlich die Verwaltungsbehörde zuständig, also die Verwaltungen in Städten und Gemeinden. Strafgerichte und Staatsanwaltschaften werden in der Regel dann tätig, wenn gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch erhoben wird.

Dezidiert nach OWiG verfolgten rheinland-pfälzische Staatsanwaltschaften 11.195 Verfahren, von denen fast 10.000 Verfahren Verkehrsordnungswidrigkeiten zum Thema hatten. Die 9.708 Verfahren entsprechen einer Quote von 86,7 Prozent. Ein Vergleich der beiden Zahlen zeigt auf, dass rheinland-pfälzische Staatsanwaltschaften nur in 256 Fällen eine Ordnungswidrigkeit nicht nachverfolgten.

Das Landesamt wies darauf hin, dass die von den Staatsanwaltschaften erledigten Verfahren nach dem OWiG teilweise in den amtsgerichtlichen Zahlen enthalten sind. Die Statistik aus Amtsgerichten muss in den einzelnen Gerichten erfragt werden.

Rheinland-pfälzische Kommunen führen oftmals keine genauen Statistiken über die im Laufe eines Jahres erfolgten Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dabei summieren sich in Städten wie der Landeshauptstadt Mainz die Einnahmen aus Parkverboten („Knöllchen“) zu erheblichen Bilanzposten. Laut dem veralteten OWiG müssen Behörden den klagenden Bürgerinnen und Bürgern keine Rechenschaft ablegen, sofern es sich tatsächlich um eine Ordnungswidrigkeit handelte. Am Beispiel der verbotenen Ruhestörung durch Laubbläser in der Mittagszeit zwischen 13 Uhr und 15 Uhr können sich Einwohner zwar beim zuständigen Ordnungsamt beschweren, erfahren aber meist nicht, wie die Behörde geurteilt hat. Lehnen Beschuldigte ein von der Behörde verhängtes Bußgeld oder Verwarngeld ab, wird der Sachverhalt vor dem Amtsgericht weiterverhandelt. Die Kläger erfahren von der kommunalen Behörde nicht, wann der Amtsgerichtstermin stattfindet.

analogo.de meint: Wie sollen Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in den Rechtsstaat aufbauen, wenn sie nicht wissen, wie Recht gesprochen wurde? Der Rechtsstaat zeigt sich im Ordnungswidrigkeitsrecht von der heimlichen Seite und kann daher allenfalls als unmoralisches Rechtssystem bezeichnet werden. Die Regierungsparteien auf Bundesebene haben keine Pläne das alte Gesetz zu reformieren. Und die Kommunen zeigen sich nicht transparent, sofern sie dazu kraft Gesetz nicht verpflichtet sind.

Das rechtliche Ordnungsgefüge in Deutschland ist komplex: Man kann viel falsch machen. Bildrechte: Geralt auf Pixabay 318574_1920
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