Stuttgart, Mainz, Magdeburg | analogo.de – Aus den heutigen Landtagswahlen in den drei Bundesländern mit den Doppelnamen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt geht die CDU als größter Verlierer hervor. Die nach eigenen Angaben christlichen Demokraten verlieren in allen drei Ländern an Boden. Laut aktuellen Hochrechnungen beträgt der Bodenverlust in Baden-Württemberg 12%. Diese historische Niederlage dürfte zum größten Teil auf das Konto von Bundeskanzlerin Merkel gehen, deren autokratischer Politikstil „ohne Alternativen“ von den Wählerinnen und Wählern auf rigorose Weise abgestraft wurde. Es ist ein historischer Wahltag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – mit dem ersten großen Abgesang auf Kanzlerin Merkel.
Der große Gewinner am Super-Wahl-Sonntag ist daher genau jene reaktionäre Partei, die den Namen „Alternative“ als Reaktion auf Merkels Dementi im Logo trägt. Die Alternative für Deutschland (AfD) zieht erstmals in alle drei Länderparlamente ein. In Sachsen-Anhalt wird sie mit über 24% gar die zweitstärkste Partei und erzielt fast zweieinhalbmal so viel Stimmen wie die SPD. Ein beispielloser Erfolg.
In Rheinland-Pfalz geht die SPD mit Spitzenkandidatin Malu Dreyer als Siegerin eines langen Wahlkampfes hervor, der stark auf Dreyer und ihre Konkurrentin Julia Klöckner/CDU gemünzt war. Dreyers Koalitionspartner Bündnis90/Die Grünen ziehen zwar knapp wieder in den Landtag ein, verlieren aber fast 65% ihrer Wählerstimmen. Die FDP zieht wieder in den Landtag ein. Sollte die SPD eine Koalition zusammen mit den Grünen und der FDP bilden, dürften die Grünen das Wirtschaftsministerium an die FDP abtreten. Ulrike Höfken würde dann aller Voraussicht nach ihre erfolgreiche Arbeit als Umweltministerin weiterführen können.
Mit dem klaren Wahlsieg der SPD hat in Rheinland-Pfalz auch die Transparenz gewonnen. Die CDU hatte angekündigt das neue und wegweisende Landestransparenzgesetz (LTranspG) abschaffen zu wollen, sofern Klöckner die neue Ministerpräsidentin wird. Mit dem Wahlsieg Dreyers und dem erneuten Einzug der Grünen in den Mainzer Landtag kann das Thema Transparenz in Südwestdeutschland so richtig durchstarten.
Just vor 10 Wochen trat das Gesetz in Kraft und die ersten Verwaltungen sammeln Erfahrungen mit seiner Anwendung. Während zum Beispiel die Universität Koblenz-Landau damit begonnen hat transparentere Prüfungsstrukturen einzuführen, halten die Pfalzwerke AG noch umwelt-relevante Informationen bzgl. des Stromlieferumfangs an den militärischen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zurück. Letztere wurden vom Landesdatenschutzbeauftragten aufgefordert die Information gemäß LTranspG offenzulegen.
Auch in Baden-Württemberg haben die Bürgerinnen und Bürger mehr Demokratie gewählt. Erstmals gewannen Bündnis90/Die Grünen die meisten Stimmen in einer deutschen Landtagswahl. Wahlsieger Winfried Kretschmann hat als eindeutiger Wahlgewinner das Vergnügen einer regierungsfähigen Koalitionsbildung. Genau wie in Rheinland-Pfalz sieht es hier nach einer Koalition aus den Parteien Bündnis90/Die Grünen, SPD und FDP aus, gleichwohl die FDP nur wenige Koalitionserfahrungen mit den Grünen hat. Ein Blick auf schwierige Konsensfindungen von Ampelkoalitionen wie zum Beispiel in der Stadtspitze der Stadt Mainz mag die FDP dazu bewogen haben eine Koalition mit CDU und SPD zu bevorzugen. Hätten die drei zusammen doch nur über 50% der Stimmen erreicht… Auch Baden-Württembergs Wählerinnen und Wähler sprachen sich heute für mehr Demokratie aus.
Die im politischen Geschehen neue Partei AfD kann nun gleichwohl zeigen, inwiefern sie die demokratischen Erwartungen ihrer Wählerinnen und Wähler erfüllt. Sollte die Analyse führender AfD-Politiker stimmen, dass die hohen Wahlbeteiligungen damit zu erklären ist, dass die AfD viele Nichtwähler mobilisiert hat, wäre auch diese Tatsache ein Gewinn für die Demokratie.