SWR 2013 und 2016: Potemkinsche Wahlkampf-Dörfer

Mainz, Stuttgart | analogo.de – Der mächtige Südwestrundfunk SWR begünstigt bei Wahlkampf-Veranstaltungen systematisch die CDU. Dies wird anhand eines Vergleiches des Bundestagswahlkampf 2013 und der bevorstehenden Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz deutlich.

Im September 2013 hatte der SWR kurz vor der Bundestagswahl die Spitzenkandidaten von Rheinland-Pfalz in die Mainzer Phönixhalle eingeladen. Der Herausgeber von analogo.de war zugegen und erlebte, wie der SWR die Befragung manipulierte. Neben dem üblichen Beifall zu politischen Positionen erhielt die Spitzenabgeordnete der CDU Maria Böhmer Buhrufe für ihre Aussage, es sei der CDU zu verdanken, dass es heute weniger Atomkraft gebe als früher. Als der SWR die Aufzeichnung der Sendung später auf seine Seite ins Internet stellte, waren die Buhrufe verschwunden. Der SWR hatte sie herausgeschnitten; die Internetbesucher sahen und hörten lediglich Publikumsbeifall.

Nachdem beim SWR-Intendanten Peter Boudgoust Beschwerden eingegangen waren, deaktivierte der SWR den kompletten Link. Alle anderen Aufzeichnungen mit Elefantenrunden waren noch Monate später online zu lesen. analogo.de liegt der gestrichene Link vor:

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/diewahlbeiuns/rp/kandidatencheck-bundestagswahl/-/id=4869732/sdpgid=814073/nid=4869732/did=12086154/18u9gxy/index.html

Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt ließ die CDU-Kandidatin und Merkel-Vertraute Böhmer besser aussehen, indem sie die Kritik des Publikums weg-retuschierte. Indem der SWR die CDU höherstellte, benachteiligte er die konkurrierenden Parteien. Da die anderen Kandidaten keine Buhrufe erhielten, stand die CDU besser da als in der realenTalkshow: Den SWR tischte seinen Internetbesuchern potemkinsche Wahlkampfdörfer auf.

Nachdem die Ministerpräsidentin Malu Dreyer/SPD im Vorfeld neuer Elefantenrunden ausschloss in keine Talkshow mehr zu gehen, in der die vermeintlich drittstärkste Partei AfD mit am Tisch sitze, kündigte der SWR an die AfD nicht einzuladen. Wieder einmal versuchte sich der unter starkem politischen Einfluss stehende Sender an einer Manipulation von Wählermeinungen durch unangemessen abgewogene Berichterstattung. Wollte die SPD einer Rundfunkanstalt indirekt vorschreiben, wer zu einer politischen Diskussionsrunde eingeladen werden dürfe? Musste sich der Sender nicht gegen solche Einflussnahme zur Wehr setzen?

Prompt verurteilte der Deutsche Journalistenverband (DJV) die Entscheidung des SWR. Diese Entscheidung setze ein falsches Signal und leiste denen Vorschub, die Medien als „Lügenpresse“ verunglimpfen und eine mangelnde Staatsferne bei den Öffentlich-Rechtlichen ausmachen. Die AfD sei eine zugelassene Partei und in einem demokratischen Willensbildungsprozess sei es geboten, dieser Partei und ihren Ansichten mit überzeugenden Gegen-Argumenten zu begegnen und nicht mit einer Stigmatisierung. Auch wenn dies kein einfacher Weg sei, würde alles andere die Glaubwürdigkeit einer unabhängigen und sachlichen Berichterstattung und der Medien allgemein gefährden, die sich dieser Werteethik verschrieben haben, so die Vorsitzenden der lokalen DJV-Verbände Andrea Wohlfahrt und Dagmar Lange. Die Wochenzeitung Die ZEIT thematisierte, wie der SWR die Komfortzone für die Mächtigen zementiere, indem sie nach Belieben entscheide, wer ins Fernsehen darf und wer nicht.

Unter einem enormen öffentlichen Druck sah sich der SWR gezwungen die AfD doch einzuladen. Um nicht ihr Gesicht zu verlieren, bliebt die Ministerpräsidentin bei ihrem Wort und schickt nun ihren Innenminister ins Rennen. Am Donnerstag, den 10. März ab 20.15 Uhr wird es nun also das nächste SWR-moderierte Aufeinandertreffen von Spitzenpolitikerinnen und -politikern geben. Drei Tage vor dem Urnengang sollen sich die Wählerinnen und Wähler in Rheinland-Pfalz ein Bild von Personen und Programmen machen können.

Doch diesmal werden die Augen auch auf dem SWR selber ruhen. Die Moderation werden Birgitta Weber und Sascha Becker leiten. Die Nominierung von Weber ist mutig gewählt. Als Mitglied der Chefredaktion des SWR-Fernsehens in Mainz hatte sie sich für das aktive Totschweigen der politisch umstrittenen Zensurmaßnahmen an der Universität Koblenz-Landau im März 2014 entschieden. Als damaliges Kuratoriumsmitglied der Universität war Weber zuvor aus der Landauer Studierendenschaft gebeten worden, über die harschen Zensuraktionen der Hochschulleitung gegenüber Studierendenvertretern zu berichten. Webers Verschweigen und Nicht-Berichten über einen offensichtlichen Skandal verdeutlichte anschaulich die Machtstellung von Medienvertretern in der Gesellschaft. Heute gehört Weber dem Kuratorium der Universität Koblenz-Landau nicht mehr an.

analogo.de fragt: Wenn Weber mutmaßlich aufgrund eines offensichtlichen Interessenkonfliktes zwischen der Chefredaktion des SWR-Fernsehens und ihrem politischen Amt im Kuratorium einer Universität zurücktrat, wird ihr Chef Peter Boudgoust als Intendant des SWR noch zu halten sein, wenn der SWR weiterhin Wählermeinungen zu manipulieren versucht?

Auf der Website des Senders äußerte Boudgoust mutig: „Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, strategische Weichen zu stellen.“ Man wird beobachten, in welche Richtung die demokratische Auslenkung des SWR führt.

Der Südwestrundfunk SWR. Bildrechte: User 2247188 auf Pixabay 1271648_1280