Pedosphäre

Willkommen auf der Pedosphärenseite von analogo.de. Die Pedosphäre ist unser (Mutter-) Boden. Von allen fünf Umweltkompartimenten dürfte das Umweltkompartiment Boden das gefährdetste Kompartiment sein. Dabei scheint Boden unerschöpflich, wenn sich die Umweltkompartimente Atmosphäre (Bodenluft), Biosphäre (Bodenlebenwesen), Hydrosphäre (Bodenlösung) und Lithosphäre (Mineralkörper) gegenseitig intensivst durchdringen.

Der Boden unter unseren Füßen bewegt sich nicht und wir nehmen keine kleinskaligen Veränderungen an ihm wahr. Seine Produkte bleiben am Ort, für uns ist der Boden einfach da. Unter unseren Füßen. Unter den Feldern, dem Gras und den Bäumen. Wir leben von und auf dem Boden, aber wir schenken ihm kaum Beachtung. Wenn auch einige wenige Weinkenner und Weinkennerinnen den Geschmack des Bodens im Wein genussvoll wiederfinden – für die meisten von uns gilt das nicht. Wer denkt schon beim Essen an den Boden, auf dem fast alle unsere Lebensmittel gedeihen?

Dabei wäre gerade das wichtig. Denn Böden sind die Grundlage für unsere Lebensmittelproduktion. Sie versorgen die Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser. In jeder Kartoffel, jedem Brot, jeder Maniok und jeder Polenta, aber auch in jedem Schnitzel und jedem Brathähnchen stecken Nährstoffe aus dem Boden. Ohne gesunde Böden kann keine gute Nahrung produziert werden.

Aber Böden sind nicht nur wichtig für die Lebensmittelproduktion. Sie filtern Regenwasser und schaffen so neues, sauberes Trinkwasser. Sie regulieren das Klima, denn sie sind nach den Ozeanen der größte Kohlenstoffspeicher der Erde: Sie speichern mehr Kohlenstoff als alle Wälder der Welt gemeinsam. Und Böden sind höchst lebendig! In einer Handvoll Erde leben mehr Organismen als Menschen auf unserem Planeten. Zwei Drittel aller Arten der Welt leben versteckt unter der Erdoberfläche.

Die Weltgemeinschaft hat sich drei wichtige Ziele gesetzt: Der Verlust der Biodiversität soll gestoppt werden, die Klimaerwärmung soll auf höchstens zwei Grad Celsius ansteigen und jeder Mensch das Recht auf ausgewogene Nahrung haben. Ohne fruchtbare Böden wird keines dieser Ziele erreicht werden. Denn Böden erfüllen all ihre Funktionen nur, wenn das Bodenleben intakt, die Humusschicht gesund und die Landrechte gesichert sind.

Doch trotz ihrer lebenswichtigen Funktionen und zentralen Bedeutung schützen wir die Böden nicht. Tatsächlich gehen durch falsche Nutzung jährlich rund 24 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren.

Bodenerosion und Landwirtschaft

Die Ursachen für den Verlust sind vielfältig. Städte und das Straßennetz dehnen sich aus. Asphalt versiegelt fruchtbaren Boden und schädigt ihn unwiederbringlich. Sogar in Ländern mit sinkenden Bevölkerungszahlen wie Deutschland verlieren täglich 77 Hektar Boden ganz oder teilweise ihre Funktion. Das sind umgerechnet mehr als 100 Fußballfelder, die allein in Deutschland nicht mehr für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen.

Aber auch die Landwirtschaft, die selbst von der Qualität der Böden abhängig ist, trägt eine Mitverantwortung für diesen Verlust. Große Maschinen verdichten die Bodenstruktur. Böden haben eine nur begrenzte Eigenfestigkeit. Und sie haben ein Gedächtnis: Einmal verdichtet, bleiben sie verdichtet. Pestizide und Mineraldünger verringern das Bodenleben.

Wind und Wassererosion wehen oder schwemmen den fruchtbaren Boden einfach davon. Die Äcker im landwirtschaftlich mächtigen Bundesland Schleswig-Holstein verlieren durch Wind- und Wassererosion jährlich 4.000 bis 8.000 Kilogramm Bodenkrume pro Jahr und Hektar. Rechnet man die jährliche Neubildung von Humus & Co. in Höhe von 200 kg bis 500 kg dazu, ergibt sich ein jährlicher Verlust von 3.500 bis 7.500 Kilogramm. Weltweit sind 1,5 Milliarden Hektar Ackerfläche irreversibel erodiert. Das entspricht 15 Millionen km² bzw. der Fläche der USA + Indien + Frankreich + Deutschland + Italien + Spanien + Benelux.

Wir nutzen die Böden der Welt, als wären sie unerschöpflich, und heben dabei von einem Konto ab, auf das wir nicht einzahlen. Denn es braucht häufig mehrere tausend Jahre bis sich eine dünne Schicht fruchtbarer Oberboden bilden kann, aber nur eine Stunde starken Regens, um ihn zu verlieren. Böden sind in menschlichen Zeiträumen nicht erneuerbar.

Hinzu kommt, dass der Zugang zu Böden weltweit sehr ungleich verteilt ist. Landlosigkeit oder das Wirtschaften auf sehr kleinen Flächen bedrohen das Überleben vieler Familien. 1,3 Hektar braucht ein durchschnittlicher Europäer im Jahr für die Produktion der von ihm konsumierten Produkte. Das ist rund sechsmal mehr als einer Person in Bangladesch zur Verfügung stehen. Fast 60 Prozent der für den europäischen Konsum genutzten Flächen liegen zudem außerhalb der EU.

Angewandter Bodenschutz

Immer mehr wächst der weltweite Hunger nach Nahrungsmitteln, Futtermitteln und Biomasse für Treibstoffe. Immer mehr wächst damit der Wert von Land. Der Kampf um sichere Landrechte, seien sie gemeinschaftlich oder individuell, ist eine zentrale Frage des Überlebens in vielen Regionen der Welt. Die globale Bedeutung der Böden verlangt nach globalen Antworten. Antworten, die die Menschenrechte aller Nutzer ernst nehmen.

Und doch ist auch aufgrund des deutschen Widerstands der Vorschlag für einen gemeinsamen europäischen Bodenschutz nicht umgesetzt worden. Im Gegenteil, die zaghaften Reformen der EU-Agrarpolitik zeigen, wie schwer es ist, alte Strukturen zu verändern und nachhaltige und gerechte Produktionsweisen zu stärken.

Dabei könnte man einmal verdichtete Böden durch natürliche Maßnahmen auflockern, etwa durch die Pflanzung von Pfahl- bzw. Tiefwurzlern wie Chicoree und Raps oder des Wassersäufers der Nation, die Luzerne. Zwei bis drei Jahre brauchen diese Pflanzen, bis sich die Durchwurzelbarkeit des Bodens verbessert hat. Ein Tipp für die Landwirtschaft: Die Pfahlwurzeln einfach stehen und zwei Jahre arbeiten lassen.

Das Jahr 2015 war das Internationale Jahr der Böden. Es lohnt sich, für eine gerechte und nachhaltige Land- und Bodenpolitik zu streiten und beim täglichen Einkauf immer häufiger auch an den Schutz der Böden zu denken. Finde hier die ersten Übersichten von analogo.de im klassischen KATA LOGO-Format rund um das Thema Boden.

KATA LOGOs

Wenn Du etwas über die Bodenentwicklung erfahren möchtest, verschaffe Dir einen Überblick über die Entstehung von Bodentonmineralen:

KATA LOGO Chemie – Silikate – Von Magmatiten zu Tonmineralen

KATA LOGO Chemie – Bodenchemie – Von primären Tonmineralen zu sekundären Bodentonmineralen

Der pH-Wert beeinflusst die Verfügbarkeit von Nährstoffen und Schadstoffen in Böden. Kalkhaltige Böden mit hohem pH-Wert haben eine stärkere Pufferkraft gegenüber Bodenversauerungen zum Beispiel aus saurem Regen. Abhängig von den Bodensäurebedingungen (pH-Wert) migrieren Schadstoffe wie Glyphosat oder Düngemittel zu den Pflanzenwurzeln Deiner Gemüsesorten und zum Grundwasser. Blättere hier nach, wenn Du wissen möchtest, wie das biochemische Reaktionsmilieu Deines Bodens ist und was dies bedeutet:

KATA LOGO Chemie – pH Kaleidoskop – für alles Wasserlösliche

Vergleiche Deine Braunerde noch schnell mit anderen Bodentypen:

KATA LOGO Geographie – Pedologie – Bodentypen

Zur Überprüfung des C/N-Verhältnisses staune hier, welchen langen Weg Dein Kohlenstoff im Boden bereits gegangen ist:

KATA LOGO Kohlenstoff – Quellen und Senken

Um Schadstoffgrenzwerte im Grundwasser mit anderen Wassergrenzwerten zu vergleichen, schaue doch abschließend noch hier vorbei:

KATA LOGO Wasser – Grenzwerte im internationalen Vergleich

 

Das Urheberrecht der Übersichten liegt bei analogo.de. Eine Verwendung ist gemäß Urheberrecht unter Nennung der Quelle erlaubt. Der größte Teil des Einleitungstextes steht unter der CC-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ (CC BY-SA 3.0 DE). Er stammt aus dem Bodenatlas 2015 als Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, Institute for Advanced Sustainability Studies, Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique. Jene Textbausteine sind angereichert mit Fakten aus der analogo.de-Redaktion.

Outbackboden als Teil der Pedosphäre. Ist es ein Kandasol oder gar ein Chromosol? Bildrechte: The followmg auf Pixabay 931192_1920
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